Im Nussmüller-Holzwohnprojekt wurde die neue Philosophie einer sozialen Durchmischung im Grazer Gemeindebau realisiert.

Foto: Wohnen Graz/Fischer

Der Aufstieg der KPÖ in Graz zur Bürgermeisterpartei ist untrennbar mit dem Thema Wohnen verbunden. Schon als Oppositionspartei konzentrierten die Kommunisten in der steirischen Landeshauptstadt ihr politisches Engagement auf die Wohnproblematik im urbanen Raum. Sie führten Mietberatungen ein und verschafften sich in diesem Segment Expertise.

Schließlich war die KPÖ in der Folge auf Stadtratsebene auch politisch verantwortlich fürs Wohnen, ehe mit der schwarz-blauen Koalition das durchaus erfolgreiche KP-Wohnressort zur FPÖ verlegt wurde. Der damals zuständige FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio wollte allerdings – zumindest sprachlich – nichts mehr vom roten "Gemeindebau" wissen, es hieß fortan "Wohnen Graz" oder "städtisches Wohnen". Ansonsten änderte sich nicht allzu viel.

Bezahlbarer Wohnraum im Fokus

Eustacchios Vorgängerin im Wohnressort, die damalige Stadträtin Elke Kahr, hatte begonnen, den kommunalen Wohnbau anzukurbeln. Eustacchio setzte dies fort. Nach der Gemeinderatswahl 2021 und dem Wahlsieg der KPÖ rotierte das Wohnen nach dem FPÖ-Intermezzo wieder zurück zur jetzigen Bürgermeisterin.

Die kommunistische Stadtchefin hält jedenfalls an ihrem Credo fest: "Die öffentliche Hand muss dafür sorgen, dass es genügend bezahlbaren und den heutigen Standards entsprechenden Wohnraum gibt. Gemeindewohnungen müssen auch Menschen, die mittlere Einkommen haben, offenstehen. Es ist wichtig, dass in einem Wohnhaus Personen aus unterschiedlichsten sozialen Milieus leben und auch mit unterschiedlich hohen Einkommen." Zudem dürfe der kommunale Wohnraum nicht auf bestimmte Gebiete einer Stadt konzentriert, sondern müsse flächendeckend über das ganze Stadtgebiet verteilt werden.

500 neue Wohnungen als Ziel

Das Musterobjekt in diesem Sinne steht in einem noblen Viertel im Bürgerbezirk Geidorf. Der vielseits prämierte Nussmüller-Holzbau in der Max-Mell-Allee mit attraktivem großen Innenhof wurde von einer Genossenschaft als Übertragungswohnbau für sozial schwache Einkommensschichten errichtet. Die Stadt verfügt über ein Einweisungsrecht. Das Wohnobjekt umfasst unterschiedliche Wohngrößen, von Garçonnièren bis zu Fünf-Zimmer-Wohnungen.

"Unser Ziel ist es", sagt der langjährige Leiter des Wohnungsamtes, Gerhard Uhlmann, "in dieser Periode 500 neue Wohnungen samt Übertragungswohnungen zu errichten." Dazu seien weitere Grundstücksbevorratungen und vor allem Sanierungen des Altbestandes, der auch über große Wohneinheiten verfügt, geplant. Dieser sei jetzt besonders aktuell, "weil mit der Zuwanderung auch größere Familien nach Graz kommen", sagt der Chef des städtischen Wohnungsamtes Uhlmann.

Leichterer Zugang

Etwa ein Prozent des vorhandenen Wohnungsbestandes – die Stadt hat gegenwärtig rund 11.800 Wohnungen in ihrem Bestand – sei derzeit frei und verfügbar. Dies entspreche hochgerechnet rund 150 Wohnungen. Im Idealfall, bei Vorliegen sämtlicher Unterlagen, könnten momentan Wohnungen umgehend vergeben werden.

Die gegenwärtig relativ entspannte Situation könne sich natürlich bald ändern, sagt Uhlmann. Dann, "wenn die private Wohnungssituation nicht mehr leistbar wird und viele zu uns um Gemeindewohnungen kommen werden". Der Zugang zu Gemeindewohnungen sei jedenfalls wesentlich erleichtert worden. (Walter Müller, 9.9.2022)