Denisgasse 7 in Wien-Brigittenau: ein Gebäude, das einst von "Die Eigentum" errichtet wurde.

Foto: Putschögl

Der Fall des ehemaligen gemeinnützigen Bauträgers "Die Eigentum" bekommt nun offenbar strafrechtliche Relevanz. Wie der "Kurier" am Freitag berichtet, soll es in der Causa zu Festnahmen gekommen sein. Der ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens wurde demnach verhaftet, nachdem es Anfang der Woche zahlreiche Hausdurchsuchungen gegeben hatte. Der Verdacht stehe im Raum, dass es beim Verkauf von Liegenschaften zu fingierten Bewertungen und illegalen Preisabsprachen gekommen sei.

Am Donnerstag wurde gegen den Geschäftsführer wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr die U-Haft verhängt. Insgesamt werde gegen vier Personen und sieben Verbände ermittelt. Laut APA gab es Hausdurchsuchungen an neun Standorten, sowohl Privatwohnsitze als auch Unternehmensstandorte. Ermittelt werde u.a. auch wegen des Verdachts der Untreue, der betrügerischen Krida, der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie der Geldwäscherei.

Brisante Vorgeschichte

Der Schritt kommt nicht unerwartet, denn die Vorgeschichte war schon skandalträchtig: Die damals noch gemeinnützige Genossenschaft hatte 2014 ihren Sitz von Wien nach Vösendorf verlegt, dadurch gelangte sie in die Zuständigkeit der niederösterreichischen Aufsichtsbehörde. 2016 wurde ihr die Gemeinnützigkeit aberkannt, "da wiederholt Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) nicht eingehalten und Mängel nicht behoben wurden", wie der niederösterreichische Wohnbaulandesrat Martin Eichtinger (ÖVP) 2021 in der Antwort auf eine Anfrage der Neos erklärte. Darüber hinaus habe die Geschäftsführung "nicht mehr den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gemäß § 23 WGG entsprochen".

In dieser Antwort wurde damals auch bekannt, dass die Gesellschaft dem Land Niederösterreich wesentlich mehr Geld schuldete als bis dahin vermutet. Die ursprüngliche Geldforderung aufgrund des Verlusts der Gemeinnützigkeit belief sich nämlich auf 52,6 Millionen Euro. 6,6 Millionen wurden von der Gesellschaft bezahlt, den großen Rest von 46 Millionen Euro musste das Land dann aber im Insolvenzverfahren als Forderung anmelden. Eichtinger betonte bisher stets, dass vom Land Niederösterreich niemals Wohnbaufördermittel an "Die Eigentum" geflossen waren, denn die Gesellschaft hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur in Wien Wohnbaufördermittel beantragt (und auch bekommen). Dabei handelte es sich um Gelder in Höhe von fast 18 Millionen Euro, die hauptsächlich schon in den 1990er-Jahren flossen, wie der STANDARD in Erfahrung bringen konnte.

Als die Gesellschaft im März 2021 Insolvenz anmeldete, war noch von Schulden in Höhe von rund 20 Millionen Euro die Rede. Das Unternehmen verwaltete damals rund 500 Objekte, darunter nicht nur Wohnungen, sondern auch Stellplätze und Geschäftslokale.

FPÖ NÖ kündigt Initiativen an

Die niederösterreichische FPÖ will im Landtag die Aufklärung der skandalumwitterten Causa auf politischer Ebene vorantreiben und kündigte weitere Initiativen an. Man prüfe auch rechtliche Schritte, schrieb Landesparteichef Udo Landbauer in einer Aussendung. Insbesondere die Frage, wie es zu zinslosen Stundungen bzw. Ratenvereinbarungen mit der Gesellschaft kam, erscheint der FPÖ aufklärungswürdig. "Der genossenschaftliche Revisionsverband hat die Verfehlungen des Unternehmens minutiös aufbereitet. Warum hat man im aufsichtsbehördlichen Verfahren Jahre faktisch verschwendet?"

Detail am Rande: Als die Gesellschaft 2014 ihren Sitz von Wien nach Niederösterreich verlegte, war das noch leichter als jetzt möglich. 2019 wurde aber – auch aufgrund dieser Causa – das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) verschärft. Will ein gemeinnütziger Bauträger nun den Sitz in ein anderes Bundesland verlegen, müssen beide betroffenen Bundesländer (als Aufsichtsbehörden) zustimmen. (mapu, 30.9.2022)