SP-Nationalrat und Bau-Holz-Gewerkschafter Rudolf Silvan (li.) diskutierte mit der Wiener VP-Abgeordneten Elisabeth Olischar u. a. über Urban Mining, Wohnbaufinanzierung und Zersiedelung. Eric Frey moderierte.

Foto: Oreste Schaller

Abbrüche von Altbauten sollen in Wien weiter erschwert werden, das dürfte einer der Eckpunkte der Wiener Bauordnungsnovelle im kommenden Jahr werden. Im Rathaus fand dazu kürzlich eine Fachenquete in Vorbereitung dieser Novelle statt, VP-Planungssprecherin Elisabeth Olischar war direkt von dort zum jüngsten STANDARD-Wohnsymposium gekommen. Gemeinsam mit SP-Nationalrat Rudolf Silvan bestritt sie dort die "politische Debatte".

Silvan sorgte dabei nicht nur bei Olischar für Staunen, als er von einem Gespräch mit Recyclingunternehmern berichtete. "Die sagen mir alle, dass wir eigentlich zu wenige Abbrüche haben – sie bräuchten mehr Material."

Der nicht gänzlich erst gemeinte Einwand war wohl Silvans Hauptberuf als niederösterreichischer Landesgeschäftsführer der Bau-Holz-Gewerkschaft geschuldet. Als solcher hatte er sich Anfang des Jahres den Rückbau des Dusika-Stadions angesehen und dabei festgestellt, dass das Social Urban Mining, wo auch Langzeitarbeitslose Beschäftigung finden, eine tolle Sache ist. "Ein Bauarbeiter sagte mir, er habe das Gefühl, er mache zum ersten Mal im Leben etwas Sinnvolles."

"Details wüsste ich auch gern"

Olischar konnte dem beipflichten. Ja, Urban Mining, also die Stadt als Rohstofflager zu betrachten, das sei ein spannendes Konzept, sie beschäftige sich schon seit 2016 damit im Gemeinderat, sagte die Planungssprecherin. Wie weit man damit in der Stadt Wien aber wirklich ist, konnte die Oppositionspolitikerin nicht sagen, da fehle ihr der Einblick. "Ansätze sind sicher da, aber Details wüsste ich auch gern."

Nicht nur mit Urban Mining, sondern auch mit thermischen Sanierungen lässt sich für Beschäftigung sorgen, darauf musste Gewerkschafter Silvan nicht extra hinweisen. Denn Sanierungen seien bekanntlich arbeitsintensiver als Neubauten, das ist er sowohl als SPÖler als auch als Gewerkschafter dafür. Auch sei ein Lichtblick, dass die Zahl der Sanierungskredite jüngst um 20 Prozent zugelegt habe, während die Kredite für neue Bauvorhaben gerade stark einbrechen.

Verfügbare Töpfe anzapfen

Sechs Milliarden Euro könnten seiner Ansicht nach jedes Jahr für Sanierungen bereitgestellt werden, aus unterschiedlichsten Töpfen – die es nun eben anzuzapfen gelte. "Es gibt die Europäische Investitionsbank, den europäischen Wiederaufbauplan, die Wohnbauförderung – sehr viele Töpfe also, aber es bräuchte auch eine zentrale Koordinationsstelle, einen One-Stop-Shop." Und auch die Förderrichtlinien in den Bundesländern müssten "völlig überarbeitet werden", griff Silvan ein Statement aus den Tischgesprächen des Wohnsymposiums auf.

Olischar spielte auf die durchaus mangelhafte Vorbildwirkung der Stadt Wien an, die es nicht schaffe, Neubauten gleich von Beginn an so effizient wie möglich zu bauen, sondern erst später – wie etwa bei der Klinik Floridsdorf – mit Photovoltaik oder Fassadenbegrünung nachrüste. "Da wäre mehr Engagement nötig" – auch was die Sanierungsquote etwa bei Wiener Wohnen betrifft, darauf weist man in der Wiener VP schon länger hin. Und generell sollte in der Stadtentwicklung mehr nachverdichtet, weniger auf der grünen Wiese gebaut werden.

Stichwort grüne Wiese: Wäre es nicht hoch an der Zeit, die Zersiedelung zu beenden, wollte Moderator Eric Frey wissen. Ja, sagte Silvan, und nannte die damit einhergehende Verwahrlosung der Ortskerne "ein Riesenproblem".

Ein eigenes Staatssekretariat

Olischar ist dafür, das Thema differenziert zu betrachten: Der Traum vom Eigentum dürfe nichts Verwerfliches sein, und man sollte Menschen nicht vorschreiben, "in welcher Wohnform sie leben sollen". In Wien würden ohnehin keine neuen Einfamilienhaussiedlungen erschlossen, auf dem Land sei die Zersiedelung aber tatsächlich ein großes Problem.

Ganz zum Schluss machte Silvan noch einen interessanten Vorschlag: "Ein Staatssekretariat für nachhaltiges Bauen und Wohnen wäre wichtig." Möge er erhört werden. (Martin Putschögl, 17.11.2022)