Es geht wieder ein Jahr zu Ende, in dem einer der größten Schandflecke der Republik Österreich trotz gegenteiliger Ankündigungen der Regierung bestehen bleibt: Wir sind nach wie vor das letzte EU-Land ohne Informationsfreiheitsgesetz. Um die Gründe für die mittlerweile an Sabotage gemahnende Unwilligkeit der Politik zu verstehen, lohnt ein Blick nach Niederösterreich. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob Unternehmen, die im Eigentum des Landes Niederösterreich stehen, Geld, das uns allen gehört, an Parteimedien der ÖVP geschoben haben. Konkret genannt werden EVN und Hypo Niederösterreich.

Wie dieses Geschäftsmodell an sich funktioniert, habe ich vor acht Monaten in dieser Kolumne am Beispiel des Wiener Pressvereins beschrieben, der eine praktisch ausnahmslos über Aktivitäten des ÖAAB berichtende Zeitschrift herausgibt, deren Inserateneinnahmen nicht im Rechenschaftsbericht der ÖVP vorkommen, der aber trotzdem sein Büro bei der ÖVP-Bundespartei hat.

Laut ÖVP Niederösterreich hat der Niederösterreichische Pressverein zwar nichts mit der ÖVP zu tun, der Verein ist aber an der gleichen Adresse wie die ÖVP-Bezirksstelle Wiener Neustadt zu finden.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Niederösterreichischer Pressverein

Nun darf ich ergänzen, dass es auch einen Niederösterreichischen Pressverein gibt. Die von ihm herausgegebene Zeitschrift Arbeiten für Niederösterreich berichtet vor allem über politische Aktivitäten des ÖAAB, Mitgliederrabatte und Veranstaltungen der Parteiorganisation. Ein Viertel des Heftes besteht aus – offenbar sehr wertvollen – Inseraten, die seit 2017 rund 1,7 Millionen Euro eingebracht haben. Zu den besten Inserenten gehören wenig überraschend EVN und Hypo Niederösterreich.

Im Rechenschaftsbericht der ÖVP kommen diese Einnahmen aber nicht vor, denn laut ÖVP Niederösterreich hat der Niederösterreichische Pressverein nichts mit der ÖVP zu tun. Dass der Verein die gleiche Adresse wie die ÖVP-Bezirksstelle Wiener Neustadt hat, erinnert nicht nur an sein Wiener Pendant, sondern auch an das ursprünglich mit der ÖVP Adresse und Telefonnummer teilende Alois-Mock-Institut, das freilich auch von EVN und Hypo Niederösterreich unterstützt wurde.

In einem ersten Prüfbericht des Landesrechnungshofs wurden bezüglich dieser beiden Supersponsoren noch keine Ergebnisse veröffentlicht, dafür aber die mit Landesinseraten beschenkten Medien im Bericht anonymisiert.

Eigene Interpretation von Datenschutz

Eine Interpretation von Datenschutz, die in Niederösterreich durchaus üblich scheint. Von Dezember 2019 bis Dezember 2021 hat die Landesregierung rund 3,8 Millionen Euro für Auftragsstudien ausgegeben. Worum es bei diesen Studien ging und wer damit beauftragt wurde, wird von der Landeshauptfrau weiterhin geheim gehalten, was sie ernsthaft mit dem "Grundrecht auf Datenschutz, das auch für Studienautoren gilt", begründet.

Dieses Argument könnte auch einen Ausweg aus der Inseraten-Affäre weisen. Einfach künftig auf Tarnung der Parteimedien verzichten und stattdessen deren mediale Hervorbringungen als Studien deklarieren. Dann kann die Finanzierung ohne lästige Umwege über EVN oder Hypo erfolgen, bei gleichzeitiger Sicherung der Anonymität aller Beteiligten. Mein Rat für das Thema der ersten Studie lautet: "Inserate und Druckkostenbeiträge als unverzichtbare Grundlagen der österreichischen Parteien-Demokratie in Zeiten ihrer Bedrohung durch Informationsfreiheit". (Florian Scheuba, 29.12.2022)