Am "Tag des Militärs" marschieren Soldaten in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw auf.

Foto: AP / Aung Shine Oo

Myanmar befindet sich seit Jahrzehnten quasi im Dauerkriegszustand. Erst vor rund zwei Jahren beendete ein brutaler Militärputsch eine Phase der Demokratisierung im Land. Seither verschärfen sich die lokalen Konflikte wieder, wobei das Militär, auch Tatmadaw genannt, besonders brutal gegen Gegner vorgeht. Die Militärherrschaft erzeugt einen hohen Bedarf an Rüstungsgütern. Während internationale Embargos und Sanktionen deren Einfuhr immer schwieriger gemacht haben, haben die Militärs die Produktion im Land selbst sukzessive ausgebaut.

Einem diese Woche veröffentlichten Bericht der internationalen Organisation Sonderbeirat für Myanmar (SAC-M) zufolge sollen mindestens 13 Länder in die Waffenproduktion im Land involviert sein, direkt oder indirekt. Dazu zählen etwa Deutschland, Frankreich, Israel, China, Indien – und auch Österreich. Dabei geht es oft um die Lieferung von Komponenten und Maschinen oder um Technologietransfer. SAC-M stützt seine Informationen auf geleakte Finanzdokumente des von der Tatmadaw kontrollierten Verteidigungsministeriums, auf Lieferprotokolle oder auch auf Personen, die früher mit dem Militär in Verbindung standen.

Der Handel mit Myanmar ist eigentlich stark eingeschränkt, etwa durch weitreichende Sanktionen, ein EU-Waffenembargo und sogenannte Dual-Use-Verordnungen, die den Export von Produkten kontrollieren, die sowohl militärische als auch zivile Anwendungen haben. Darunter können auch computergestützte Fertigungsmaschinen, sogenannte CNCs, fallen.

Derartige Maschinen der Firma GFM Steyr sollen dem Bericht zufolge zur Fertigung von Schusswaffenläufen in Myanmar im Einsatz sein. Gewartet werden sie demnach in Taiwan, das keine Sanktionen gegen Myanmar verhängt hat. "Um EU-Sanktionen und Dual-Use-Exportkontrollen, die Myanmar betreffen, zu umgehen", heißt es in dem Bericht, sende ein myanmarischer Zwischenhändler, die Mottama Holdings Limited, die Maschinen nach Taiwan, wo sie von GFM-Steyr-Technikern gewartet würden. Hinter Mottama steckt die frühere Asia Metal Company, die im Jahr 2013 ihren Namen änderte, nachdem die USA Sanktionen gegen sie verhängt hatten. Es sei nicht bekannt, ob die GFM-Steyr-Techniker über die Endnutzung Bescheid wissen, betonen die Autoren des Berichts.

Acht derartige GFM-Steyr-Maschinen sollen in Myanmar im Einsatz sein, gibt ein anonymer Ex-Militär auf STANDARD-Nachfrage über die Organisation SAC-M an. Sie sollen demnach für die gesamte Produktion von Schusswaffenläufen im Land benutzt werden. Die Maschinen seien jeden Tag in Verwendung und würden alle drei bis vier Jahre zur Wartung nach Taiwan geschickt. Das Unternehmen hat eine STANDARD-Anfrage bisher nicht beantwortet.

Schwierige Kontrolle

Das genannte Beispiel zeigt die Schwierigkeiten bei der Einhaltung geltender Vorschriften und moralischer Verpflichtungen von Unternehmen auf. Einerseits gibt es nur beschränkte Kontrollmöglichkeiten bei der Weitergabe der Produkte. Andererseits können in Zeiten von Cyberwarfare und Co immer mehr Produkte unter die Kategorie Dual Use fallen.

Dementsprechend argumentierte etwa die österreichische Firma Schiebel im vergangenen April. Der Export von mehreren Schiebel-Hubschrauberdrohnen des Typs Camcopter S-100 nach Myanmar hatte schon 2019 für Aufsehen gesorgt. Damals berief sich das Unternehmen darauf, dass zugesichert worden sei, dass die Drohne im Berg- und Straßenbau eingesetzt wird und der Deal somit nicht gegen das EU-Embargo verstoße. Das Wirtschaftsministerium hatte daher Exportlizenzen erteilt.

Zwischenhändler

Aber noch im Februar 2021, also bereits nach dem Putsch, soll eine solche Lieferung stattgefunden haben, über einen Zwischenhändler in Russland, wie aus einer parlamentarischen Anfrage von Petra Bayr (SPÖ) vom April 2022 hervorgeht. Schiebel nannte diesen Transfer gegenüber dem Luxemburger "Tageblatt" "unerklärlich". Wenn Russland die Produkte weitergegeben habe, sei das Vertragsbruch, weil der Vertrag den Weiterexport ausschließe.

SAC-M reichen derartige Erklärungen nicht. Die betroffenen Firmen sollten gründlich untersuchen, wie ihre Produkte in den Fabriken in Myanmar gelandet seien und Schritte setzen, um zukünftige, schädliche Anwendungen ihrer Produkte zu vermeiden. (Anna Sawerthal, 17.1.2023)