Chansonnier, Gitarrist und Kabarettist Jimmy Schlager (rechts) und sein Kollege und jahrelanger Freund, der Pianist Chris Heller.
Foto: Tibor Kulcsar

Wien – Mit seinem neuen Programm "goschat: Lieder ohne Ende" hat Jimmy Schlager (geb. Hans Peter Stadlbauer) ein Best-of aus bisher veröffentlichten Liedern mit autobiografischen Hintergrundgeschichten als "Werkschau" im Orpheum Wien vorgestellt. Der Chansonnier, Gitarrist und Kabarettist aus dem Weinviertel, zu dessen künstlerischen Vorbildern Helmut Qualtinger, Bob Dylan und Georg Danzer zählen, hat sich vor allem mit seinen satirischen Mundarttexten einen Namen gemacht. Bei seinem Auftritt am Mittwoch begleitete ihn sein Kollege und jahrelanger Freund, der Pianist Chris Heller.

Triggerwarnungen in Mundart

Das erste Lied des Abends, eine Art titellose Einleitung, strotzt vor "Triggerwarnungen" und bringt Schlagers Humor auf den Punkt. Denn hier warnt er, dass er die nächsten zwei Stunden nicht mit Beleidigungen geizen wird. Und für all jene, die sich jetzt ärgern, ihr Geld für die Vorstellung aus dem Fenster geschmissen zu haben, hat er ein Trostpflaster parat: die Garantie, dass er in seinem Leben schon wesentlich unvorteilhaftere Investments gemacht habe.

Gerhard Mayer

Schlager werkelte während der letzten 15 Jahre an sechs Tonträgern. Die während der Corona-Lockdowns entstandene Intention, das gesamte Oeuvre mit seiner Band (Jimmy Schlager & Band) zu spielen, habe er aufgeben müssen. Welches Publikum könne schon fünf Stunden ausharren? Dabei schleicht sich das eine oder andere Lied ein, von dem Schlager sogar selbst vergessen hat, dass es aus seiner Feder stammt.

Vom Reisen über Viagra zum Abgesang des Wirtshauses

Dafür, dass Schlager nach eigenen Angaben ein 200-jähriges Bühnenleben zu verzeichnen hat, hat er sich doch recht gut gehalten. So erfährt man etwa, wenn er Wellnessaufenthalte und billige Zahnfüllungen besingt, warum es seine Familie nach Ungarn zieht (Mosonmagyaróvár). Auch, warum seine kulinarische Offenheit beim Verzehr von Fröschen haltmacht (Cote d’Azur) oder die Verspätung der ÖBB sexuellen Frust begünstigt (Elisabeth). Warum Onlinedating nichts für den Musiker ist, ebenso wenig wie die Essdiäten und Rasierpräferenzen einer Ex-Freundin (Barbara Baba).

Heiß ist auch das Lied über die Gemeinde Hintaus, inspiriert von einem Feuerwehreinsatz bei ausbleibendem Feuer. Den Wirtshäusern, wo man als Pubertierender buchstäblich seine Gefühle auskotzen konnte, mangle es heute an Schmäh und Feingefühl (Es gibt kaane Wirtshäuser mehr). Hier gibt sich Schlager leicht melancholisch.

Jimmy Schlager

Dialektlose Liebe in Dur

Wussten Sie, dass sich für musikalische Liebesbekundungen Dur besser eignet als Moll? Genauso darf man die drei magischen Worte nie im Dialekt äußern, sonst zweifelt das Gegenüber an deren Authentizität. Das muss sich sogar ein Verfechter der Dialekte und des Heimatliedes (Bei uns dahoam) wie Schlager eingestehen. Nur bei Politikern weiß man, dass sie zu lügen aufhören, wenn Sie sich plötzlich des Hochdeutschen entledigen.

Ein luftig-philosophischer Abend mit viel Sprachwitz, an dem, vor allem für den Wiener Grant, nur eine besungene Frage bleibt: Werden Sie gestreichelt? (Christina Janousek, 17.3.2023)