Auch US-Präsident Joe Biden hatte den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu zu einem Kompromiss aufgerufen.

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Wien – Nach massiven Protesten hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Abschwächung der geplanten Justizreform angekündigt. Die weit rechts stehende Regierung will das Tempo etwas verlangsamen. Netanjahu und seine religiös-nationalistischen Koalitionspartner kündigten am Montag an, einige Gesetzesentwürfe zum Justizumbau erst zu Beginn der Sommersitzung Ende April dem Parlament vorzulegen.

Die Opposition solle die Zeit nutzen, "um echte Verhandlungen zu führen, um eine Verständigung über Gesetze zu erreichen", teilte die Regierung mit. Ein etwas abgeschwächter Gesetzesentwurf zur Zusammensetzung des Richterwahlausschusses soll jedoch noch bis Anfang April durchgebracht werden, wie es in dem Statement hieß. Die Änderung bei der Besetzung von Richterposten gilt als ein zentraler Teil des umfassenden Gesetzesvorhabens.

Gremium mit geänderter Zusammensetzung

Der neue Vorschlag sieht Medienberichten zufolge vor, dass die Regierung zwei Richter des Obersten Gerichts selbst auswählen kann. Anders als in einem vorherigen Entwurf müssen jedoch andere Ernennungen des dann elfköpfigen Gremiums von mindestens einem Oppositionsmitglied und mindestens einem Richter gebilligt werden. Das Gremium soll aus drei Kabinettsministerinnen und -ministern, drei Abgeordneten der Regierungskoalition, drei Richtern und zwei Abgeordneten der Opposition bestehen. Das könnte eine knappere Mehrheit der Regierung von sechs zu fünf bedeuten.

Organisatoren der Protestbewegung in Israel erklärten laut der Zeitung "Haaretz", die Änderung sei "eine Kriegserklärung der israelischen Regierung gegen das Volk und die israelische Demokratie". Oppositionsführer Yair Lapid teilte mit, der Vorschlag der Regierung sei eine "feindliche politische Übernahme des Justizsystems". Der Richterwahlausschuss werde so zum "Ausschuss zur Ernennung von Kumpanen".

Biden rief zu Kompromiss auf

Am Samstag hatten Israelis das elfte Wochenende in Folge gegen die Reform protestiert. Sie werfen der Regierung aus Konservativen, religiösen Fundamentalisten und rechten Nationalisten vor, die demokratische Kontrolle von Ministern durch die Gerichte zu gefährden. Daher stehe die Zukunft der Demokratie auf dem Spiel. Staatspräsident Yitzhak Herzog hat für eine Verschiebung der Reform plädiert. Auch US-Präsident Joe Biden rief Netanjahu zu einem Kompromiss auf.

Indes fiel ein anderes israelisches Regierungsmitglied durch eine extreme Aussage auf: "So etwas wie Palästinenser gibt es nicht, weil es so etwas wie ein palästinensisches Volk nicht gibt", sagte Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich laut Medienberichten am Sonntagabend bei einer Veranstaltung in Paris. Die Gruppe sei von "einigen Arabern in der Region erfunden worden, um die zionistische Bewegung zu bekämpfen". Das palästinensische Außenministerium sprach von hetzerischen Äußerungen Smotrichs, die "rassistisch, faschistisch und extremistisch" seien und eine weitere Eskalation in der Region förderten. (APA, 20.3.2023)