Was könnte ich alles ausprobieren für einen künftigen Job?

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Arbeitsminister Martin Kocher hat es geschafft, sich in dieser seiner Funktion laut in den öffentlichen Diskurs zu setzen. Das Thema ist hinlänglich bekannt: Arbeitsstunden sammeln, Teilzeit weniger attraktiv machen. Dabei geht es um den Lebensabschnitt von Menschen, der Erwerbsarbeit heißt. Und davor? Wie kommen Menschen überhaupt in die Position, sich diese Lebensphase halbwegs selbstbestimmt gestalten zu können?

Es ist merkwürdig, dass Bildungsminister Martin Polaschek dazu nicht eingrätscht und gleich mit den multiplen Baustellen in seinem Zuständigkeitsbereich aufzeigt. Es ist wohl gut, dass darüber nachgedacht wird, im Handwerk die Meisterprüfung von der finanziellen Bürde zu befreien. Wer in seinem Beruf schon so weit gekommen ist, hat schon wirklich viel geschafft. Und davor?

Stiefkind Berufsorientierung

Nach wie vor ist die sogenannte Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler ein Stiefkind. Besonders in vielen AHS, wo halt schnell Bekannte aktiviert werden, um den Nachwuchs dort in der Firma den berufspraktischen Tag absolvieren zu lassen. Nach wie vor sind berufsbildende (höhere) Schulen ein viel zu wenig wertgeschätzter Teil des Bildungssystems. Berufsschulen im dualen Ausbildungssystem gehören nach wie vor nicht zu den Ersten, wenn es um Ausstattung geht.

Lehranfänger werden nun zwar wieder etwas mehr – aber sind Unternehmen auch ausgestattet, die neuen Jungen gut auszubilden? Eine wirkliche Qualitätskontrolle des betrieblichen Teils der Lehrausbildung gibt es nicht.

Bildung als Erbstück?

Fungiert der Bildungsminister jetzt als Anwalt der Kinder, die ein Recht auf die bestmögliche Ausbildung haben, auch, um später den Standort als Innovationszentrum zu gestalten? Bringt er jetzt die vielen sozialen Schieflagen in der Bildungs(un)gerechtigkeit aufs Tapet? Sozialminister Johannes Rauch verliert darüber öffentlich auch kein Wort – obwohl das zum viel beklagten Fach- und Arbeitskräftemangel essenziell dazugehört.

Gerade jetzt gäbe es ja Bedarf an Ideen. Wie wäre es etwa, Berufsinformation gezielt an die Eltern heranzutragen. Vierzehnjährigen die komplexe Berufswelt zu erklären ist gut. Aber tatsächlich müssten die Erwachsenen zu Hause am Esstisch mit den Kindern über die Zukunftschancen reden. Nicht nur in privilegierten Milieus und nicht nur in Sachen Studium. (Karin Bauer, 3.4.2023)