Fast hundert Morde sowie Verschleppung, Verfolgung und Folter werden Thaçi und drei Mitangeklagten vorgeworfen.

Foto: APA/AFP/ARMEND NIMANI

Den Haag – Kosovos Ex-Präsident Hashim Thaçi hat zum Auftakt seines Kriegsverbrecherprozesses die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. Der 54-Jährige plädierte am Montag in sämtlichen Anklagepunkten auf nicht schuldig. Der frühere Kommandant der kosovarischen Befreiungsarmee UÇK steht gemeinsam mit drei Mitangeklagten vor einem Sondertribunal im niederländischen Den Haag, das sich mit Verbrechen befasst, die während des Kosovokriegs Ende der 1990er-Jahre begangen wurden.

Thaçi werden in insgesamt zehn Anklagepunkten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, darunter fast 100 Morde, Folter und Verschleppung. Teilweise sollen die Taten nach Ende der Kampfhandlungen begangen worden sein. Die meisten Opfer waren Kosovo-Albaner. Sie waren beschuldigt worden, mit den Serben zu kollaborieren, oder wurden als Gegner der UÇK angesehen. Auch die drei mitangeklagten früheren Anführer der Befreiungsarmee des Kosovo hatten im Vorfeld bereits erklärt, sie seien unschuldig.

Chefankläger: "Keiner steht über dem Gesetz"

Thaçi ist der erste ehemals hochrangige politische Vertreter des Kosovo, dem vor dem Sondergericht der Prozess gemacht wird. "Keiner steht über dem Gesetz", betonte Chefankläger Alex Whiting. Thaci war 2020 kurz nach Bekanntgabe der Anklage des Gerichts als Präsident zurückgetreten, wenig später festgenommen und dem Gericht in Den Haag überstellt worden. In dem Prozess sollen mehr als 300 Zeugen aussagen. Erwartet wird, dass er zwei Jahre dauern wird.

Ende der 1990er-Jahre kämpfte die UÇK um die Unabhängigkeit des Kosovo, als es unter dem inzwischen verstorbenen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević noch eine Provinz Serbiens war. Mehr als 13.000 Menschen, die meisten von ihnen Angehörige der albanischen Mehrheit des Kosovo, sollen während des Aufstands gestorben sein. Bei seinen Anhängern gilt Thaçi als Kriegsheld, der den Kosovo in die Unabhängigkeit führte.

Das 2015 eingerichtete Sondertribunal befasst sich speziell mit Verbrechen, die während des Kosovokriegs von 1998 bis 1999 begangen wurden. 2008 erklärte der Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien. Die Regierung in Belgrad betrachtet es jedoch nach wie vor als serbische Provinz. (APA, 2.4.2023)