Für Mehrarbeit gebührt ein Zuschlag in Geld von 25 Prozent, bei Überstunden zumindest 50 Prozent.

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Flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeit und der Wunsch nach stärkerer Worklife-Balance sind in aller Munde. Auch politisch und auf Ebene der Interessenvertretungen ist insbesondere rund um die Teilzeit eine Diskussion entfacht, die von der Kürzung von Sozialleistungen bis hin zur finanziellen Aufwertung etwaiger Mehrleistungen reicht. Oft werden dabei jedoch Begriffe verwechselt.

Frage: Wie funktioniert Teilzeit rechtlich wirklich?

Antwort: Die schlechte Nachricht vorweg: Klassische Teilzeitmodelle auf Basis des Arbeitszeitgesetzes gehen von einer verkürzten Normalarbeitszeit im Verhältnis zu einer verhältnismäßig ebenso reduzierten Entlohnung aus. Im Grundmodell der fixen Arbeitszeit ist auch bei der Teilzeit wöchentlich eine gewisse (reduzierte) Normalarbeitszeit festgelegt. Werden darüber hinaus Stunden geleistet, gelten diese bis zur – für im selben Betrieb beschäftigte Vollzeitmitarbeiter festgelegten – täglichen und wöchentlichen Normalarbeitszeit (im Grundmodell acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich) als Mehrarbeit.

Frage: Wie wird die Mehrarbeit abgegolten?

Antwort: Für Mehrarbeit gebührt ein Zuschlag in Geld von 25 Prozent. Alternativ zu diesem Geldzuschlag kann vereinbart werden, dass Mehrarbeit innerhalb des Kalenderquartals oder eines anderes festgelegten Zeitraumes von drei Monaten durch Zeitausgleich konsumiert werden kann. Bei einer derartigen Zeitausgleichsvereinbarung entfällt der Zuschlag von 25 Prozent. Zeitausgleich erfolgt daher im Verhältnis 1:1. Erst dann, wenn innerhalb von drei Monaten kein Naturalausgleich möglich ist, sind die Mehrstunden rechnerisch gesehen um den Zuschlag aufzuwerten und auszubezahlen, sofern nicht ohnehin auch für einen darüber hinausgehenden Zeitraum eine Zeitausgleichsvereinbarung – diesfalls natürlich inklusive Zuschlags – besteht.

Frage: Und was ist mit möglichen Überstunden?

Antwort: Überschreitet eine Teilzeitkraft die Grenzen der täglichen und wöchentlichen Normalarbeitszeit für die im selben Betrieb beschäftigten Vollzeitkräfte, steht der Teilzeitkraft ein Anspruch auf Überstundenentlohnung zu. In diesem Fall gebührt im Grundmodell – fixe Verteilung der Normalarbeitszeit – ein Zeitzuschlag von 50 Prozent, sofern kollektivvertraglich kein höherer Zuschlag vorgesehen ist. Auch für Überstunden könnte eine Zeitausgleichsvereinbarung getroffen werden, wobei hier ohne ein flexibles Arbeitszeitmodell, wie die Gleitzeit oder die Arbeitszeitdurchrechnung, kein Ausgleich im Verhältnis 1:1 möglich ist. Sowohl bei Auszahlung der Stunden als auch bei Konsumation als Zeitausgleich sind diese im fixen Arbeitszeitmodell rechnerisch um den gesetzlich bzw. kollektivvertraglich vorgesehenen Zuschlag zu erhöhen. So weit, so einfach.

Frage: Und bei Vollzeitbeschäftigten?

Antwort: Im Gegensatz dazu können bei Vollzeitbeschäftigten rechtlich gesehen keine Mehrstunden entstehen. Einzige Ausnahme stellen nur jene Fälle dar, in denen der Kollektivvertrag eine Verkürzung der gesetzlichen Normalarbeitszeit von 40 auf 38,5 oder weniger Stunden vorsieht. In diesen Fällen ist anhand des anwendbaren Kollektivvertrages zu prüfen, ob diese Differenz als Normalstunden (ohne Zuschlag), Mehrstunden (mit oder ohne Zuschlag) oder als Überstunden (mit Zuschlag) zu werten sind. Ansonsten entstehen bei Vollzeitmitarbeitern bei Überschreitung der täglichen und wöchentlichen Normarbeitszeit (im Grundmodell wieder acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich) sofort zuschlagspflichtige Überstunden. Für diese gebührt auf Basis des Arbeitszeitgesetzes der angesprochene Zuschlag von 50 Prozent oder ein kollektivvertraglich vorgesehener höherer Zuschlag.

Eine vergleichbare generelle Regelung wie bei den Teilzeitbeschäftigten, die einen Eins-zu-eins-Ausgleich von Überstunden ermöglicht, besteht bei den Vollzeitkräften nicht. Hier kann diese Art des vergünstigten Ausgleiches erst durch die Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodelles – sei es in Form der Gleitzeit oder der durchrechenbaren Arbeitszeit – erreicht werden.

Frage: Sollte Mehrarbeit besser entlohnt werden?

Antwort: Die rechtliche Situation rund um die Unterschiede zwischen Teilzeit und Vollzeitdienstverhältnissen ist auf Basis des Arbeitszeitgesetzes vollkommen klar. Aktuell steht jedoch gerade diese unterschiedliche Behandlung bzw. Entlohnung von Mehr- und Überstunden zur Diskussion und wird eine erhöhte Abgeltung der Mehrstunden im Gleichklang mit der Entlohnung von Überstunden gefordert.

Rechtlich bzw. auch historisch gesehen ist die unterschiedliche Abgeltung auf den Gedanken der Intensität der Belastung der Arbeitnehmer zurückzuführen. Wer ohnehin weniger als Vollzeit arbeitet, ist gesundheitlich nicht so sehr gefordert, wie jemand, der Vollzeit und darüber hinaus arbeitet – so der Grundgedanke.

Wird dieser finanzielle Anreiz harmonisiert – was ohnehin nur durch Änderung des Arbeitszeitgesetzes möglich wäre –, besteht gerade auf Basis der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt die Gefahr, dass kaum noch Mitarbeiter in Vollzeitdienstverhältnissen tätig werden wollen. Bei Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung und erhöhter Abgeltung von Mehrarbeit würden diese Arbeitnehmer schlussendlich bei tatsächlicher Leistung der gesetzlichen Vollzeit (von zum Beispiel 40 Stunden) mehr verdienen als Arbeitnehmer mit einem tatsächlichen Vollzeitdienstverhältnis.

Frage: Und bei Kinderbetreuung?

Antwort: Die unterschiedliche Entlohnung erscheint auf den ersten Blick durchaus sachlich gerechtfertigt, vor allem durch die erhöhte Belastung aus zeitlicher Sicht, der Vollzeitmitarbeiter zumeist unterliegen. Bei diesem System wird aber nicht berücksichtigt, aus welchem Beweggrund der Mitarbeiter tatsächlich nur Teilzeit arbeitet. Sofern ein Teilzeitarbeitsverhältnis eingegangen wird, weil zum Beispiel aufgrund von Kinderbetreuung nicht mehr Stunden möglich sind, greift das Argument der zeitlichen Belastung zweifelsfrei zu kurz. (Christina Hödlmayr-Traxler, 4.5.2023)