Imran Khan bei einem Auftritt in Lahore, März 2023.

Foto: AP/K.M. Chaudhry

Islamabad – Das Oberste Gericht in Pakistan hat nach Angaben der Anwälte von Ex-Premier Imran Khan die Freilassung des früheren Regierungschefs angeordnet. Das Gericht habe die Verhaftung Khans für illegal erklärt, sagte der Anwalt Babar Awan am Donnerstag nach einer Verhandlung im Gerichtsgebäude zu lokalen Fernsehsendern. Eine offizielle Mitteilung des Obersten Gerichts gab es wie in solchen Fällen üblich nicht.

Khan soll nach Angaben seiner Anwälte am Freitag vor dem Oberen Gericht in Islamabad erscheinen und bis dahin in Polizeigewahrsam bleiben. Der populäre Oppositionsführer war am Dienstag unter großem Aufsehen aus einem Gericht in der pakistanischen Hauptstadt abgeführt worden. Am Mittwoch wurde er wegen des mutmaßlichen Diebstahls von Staatsgeschenken angeklagt.

Wie der Sprecher von Khans Partei PTI Ahmed Jamjua der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, feierten PTI-Mitglieder nach der Verkündung des Obersten Gerichts in mehreren Städten auf den Straßen. "Wir haben unseren Protest in Jubel verwandelt", sagte Jamjua. "Wir haben Gerechtigkeit für unseren Anführer erlangt."

Ausschreitungen in mehreren Städten

Khans Verhaftung führte in mehreren Städten des Landes zu Ausschreitungen. Tausende seiner Anhänger demonstrierten für seine Freilassung und lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Laut Innenminister Rana Sanaullah kamen allein am Mittwoch acht Menschen ums Leben, mindestens 300 wurden verletzt und mehr als 2.000 festgenommen.

Nachdem Demonstranten Brände in Behörden gelegt und Militärgebäude der Atommacht gestürmt hatten, trafen Soldaten zur Unterstützung der Polizei in der Hauptstadt Islamabad ein. Ministerpräsident Shehbaz Sharif sprach im Fernsehen von Geiselnahmen und Angriffen auch auf Rettungsfahrzeuge. "Solche Szenen hat man in 75 Jahren nicht erlebt."

Schulen und Universitäten sind seit Mittwoch geschlossen. Gleichzeitig wurde das mobile Internet auf unbestimmte Zeit abgeschaltet sowie der Zugang zu Twitter, Facebook und Youtube blockiert.

Menschenrechtsorganisationen sowie die UN hatten das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten kritisiert, jedoch auch die Protestler zu friedlichen Maßnahmen aufgerufen. Die Sperrung von Internetdiensten nannte Amnesty International eine "Verletzung des Rechts auf Informationsfreiheit und freier Meinungsäußerung", Human Rights Watch sprach von einer "Verletzung von Grundrechten".

Im April 2022 war Khan durch ein Misstrauensvotum als Premierminister nach fast vier Jahren im Amt abgesetzt worden. Seitdem brachte die Justiz immer neue Vorwürfe gegen ihn vor. Er muss sich in rund 100 Fällen vor Gericht verantworten. Bei den Vorwürfen geht es um Korruption, Geldwäsche und Beleidigung einer Richterin. Beobachter sehen das Vorgehen gegen Khan als politisch motiviert an. (APA, red, 11.5.2023)