Rote SPÖ Flaggen
Es gäbe genug Themen, bei man auf eine klare Haltung der Sozialdemokratie gespannt gewesen wäre
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Wie wohl künftige Historiker die Lage der österreichischen Sozialdemokratie in der zweiten Hälfte der 2010er und der ersten der 2020er beschreiben werden? Das Publikum hatte jedenfalls den Eindruck, im Theatrum austriae einer jahrelangen Politschmiere beizuwohnen, in der der "Querschuss", der "vergebene Elfer" und die "Befindlichkeiten" die Hauptthemen waren.

Dabei gab es genug Themen, bei denen man auf eine klare Haltung der Sozialdemokratie gespannt gewesen wäre. Allein, das Warten war umsonst. Niemand hat das Hobby der Selbstzerfleischung leidenschaftlicher betrieben als die SPÖ, und dies in einer Zeit, in der man sich in der rechten Reichshälfte konstant näherkommt. Kickl trommelt seine Droh- und Schwurbelbotschaften tagtäglich mit der Penetranz eines Duracell-Hasen, und zunehmend drängt sich der Eindruck auf, er gäbe bei der ÖVP den Ton an, während umgekehrt Nehammer bevorzugt in blauen Zungen spricht. Tendenz: Richtung Einheitspartei, als zwei verkleidet.

Ein effizientes politisches Widerlager wäre da so wertvoll wie ein kleines Steak. Es ist kein Geheimnis, was die SPÖ tun müsste, um ihre Chancen zu mehren, je zu einer zündenden Alternative zu werden: die Querschüsse einstellen, die vergebenen Elfer auf dem Fußballplatz lassen und die Befindlichkeiten beim Psychotherapeuten. Wird interessant zu sehen, ob sie der jahrelange Schaden dümmer oder klüger gemacht hat. (Christoph Winder, 4.6.2023)