Rund fünfzig Menschen demonstrierten am 7. Juni vor dem Rammstein-Konzert im Olympiapark in München.
Rund fünfzig Menschen demonstrierten am 7. Juni vor dem Rammstein-Konzert im Olympiapark in München.
IMAGO/Smith

Es ist jämmerlich, wie die deutsche Band Rammstein mit den Vorwürfen gegen sie und Sänger Till Lindemann umgeht. Weibliche Fans erzählen seit Tagen über Beobachtungen und Erfahrungen bei Rammstein-Konzerten: von Rekrutierungen junger Frauen für After-Show-Partys. Von Erinnerungslücken danach, die mit ein, zwei, drei Drinks nichts zu tun haben könnten.

Nach Dementis folgte nun eine Aussendung der Anwälte Lindemanns*. Die Vorwürfe, Frauen wären mithilfe von K.-o.-Tropfen bzw. Alkohol betäubt worden, um Lindemann zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen, seien ausnahmslos unwahr. Gegen sämtliche "Anschuldigungen dieser Art" würden "rechtliche Schritte" eingeleitet werden. Das ist für alle Frauen, die öffentlich darüber gesprochen haben, sehr bedrohlich. Und es könnte Frauen und auch Medien davor zurückschrecken lassen zu berichten.

Viele haben versucht, differenziert über Erlebnisse zu berichten. So die Influencerin Kayla Shyx, die erzählte, was sie selbst bei einer After-Show-Party erlebt hat. Andererseits gibt sie via Youtube Berichte von anderen wieder, die von Erinnerungslücken nach solchen Partys erzählen. Dass sie im Rahmen der Konzerte in ein Umfeld geraten seien, in dem sie sich nicht getraut hätten, Nein zu sagen.

Dafür sollten sich Rammstein interessieren. Sie sollten sich mit den Schilderungen eines Systems befassen, das Frauen offenbar in Situationen brachte, aus denen sie nicht mehr herausfanden. Doch anstatt sich kritisch mit dem Machtgefälle zwischen Fan und Star zu beschäftigen, droht man mit medienrechtlichen Schritten gegen "einzelne Personen". So könnte sich kaum noch wer zu reden trauen, der oder die sich keinen rechtlichen Beistand leisten kann – und das ist eine Einschüchterungsstrategie, die hoffentlich nicht wirkt. (Beate Hausbichler, 9.6.2023)