Klaus Florian Vogt, Matthäus Schmidlechner
Großartig: Klaus Florian Vogt und Matthäus Schmidlechner (v. li.).
Wiener Staatsoper/Pöhn

Wien – "Ich habe gewartet, bis meine Angst aushaltbar wurde", sagte Klaus Florian Vogt im Vorfeld seines Rollendebüts als Siegfried. Bereits vor zehn Jahren wurde ihm die Partie angeboten, doch Vogt lehnte ab. Siegfried sei schließlich "ein großes Ding": Fünf Stunden lang hat sich Siegmunds und Sieglindes Spross auf der Bühne zu behaupten. Er muss ("Hoho! Hohei!") mit dem Hammer ein Schwert schmieden, mit dem er Riesen und Zwerge erlegt und sogar die Götter besiegt. Vogt, der seine musikalische Karriere als Hornist der Philharmonie Hamburg begann, adelte nach der Zürcher Premiere im März nun auch den Siegfried von Regisseur Sven-Eric Bechtolf in Wien.

Vogt gibt auf der Bühne einen echten Naturburschen, er klingt frisch und jung – keine Spur von den jahrelangen Strapazen der Wagner’schen Tenorpartien vom Parsifal zum Stolzing, vom Siegmund zum Lohengrin, den er seit dem Met-Debüt 2006 unzählige Male gesungen hat. Mit seinem unverwechselbaren Timbre und der im besten Sinne knabenhafte Tenorstimme ist er ein strahlend-junger Held, der mit lyrisch-dramatischem Gesang statt mit Krawall beglückt und die Monsterrolle bis zum Schluss ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen stemmt.

Triumph der Stimmen

Dass der Abend zum Triumph der Stimmen gerät, ist dem fulminanten Gesangsensemble zu verdanken: Mime Matthäus Schmidlechner singt und spielt zum Niederknien, während Eric Owens als Opa Wotan mit düsterer Erscheinung und lyrischen Klängen punktet. Tolle Präsenz zeigt auch Michael Nagy, der dem Göttervater mit seinem mächtigen Bariton die Stirn bietet. Nicht zuletzt hat Florian Vogt mit Ricarda Merbeth eine umwerfende Brünnhilde an seiner Seite. Sonnenhell und höhensicher besingt sie Siegfrieds Licht und erschüttert zugleich mit tiefen Angsttönen. Musikalisch ist der Abend unter der Leitung von Franz Welser-Möst ohnehin eine Offenbarung. Am Pult des exzellenten Staatsopernorchesters entfacht er ein betörendes Klangdelirium. Das Publikum dankte jubelnd. (Miriam Damev, 12.6.2023)