Mutter Kind Betreuung Arbeit
SPÖ und Neos brachten jeweils Anträge ein, in deren Zentrum der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr steht.
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Linz – Der oberösterreichische Landtag hat am Donnerstag Änderungen bei der Kinderbetreuung beschlossen. Für Aufregung sorgte nicht nur, dass Pädagogen Kinder künftig vorübergehend suspendieren können, sondern auch eine Wortmeldung von ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel: Er sieht in der Forderung der Opposition nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr den "direkten Weg zur Zwangsarbeit junger Mütter".

SPÖ und Neos brachten jeweils Anträge ein, in deren Zentrum der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr steht. Diesem Wunsch erteilte Dörfel eine Absage. "Letzten Endes steigt der Druck auf junge Mütter, möglichst rasch wieder in den Berufsalltag einzusteigen", fürchtet er. "Der Rechtsanspruch ist der direkte Weg zur Zwangsarbeit junger Mütter, und das wollen wir nicht."

Die institutionelle Kinderbetreuung könne "unsere Familien nur ergänzen und nicht ersetzen". Jeder solle "nach seinen Vorlieben die Erziehung der Kinder durchführen" können, so Dörfel. Der Rechtsanspruch würde zu einem "Auslaufmodell Familie" führen. Neos-Klubchef Felix Eypeltauer zeigte sich ob dieser "ätzenden Rhetorik" entsetzt. Diese zeige, wie die ÖVP denke und dass sie schon lange nicht mehr in der politischen Mitte stehe.

Am Freitag sagte Dörfel dem Nachrichtenmagazin "Profil", dass Mütter, die sich bewusst dazu entscheiden, die ersten Jahre mit den Kindern zu verbringen, Vorurteile der Gesellschaft treffen würden und folglich zur Arbeit gedrängt würden. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat die Wortwahl des Klubobmannes bis dato noch nicht kommentiert.

Änderung bei Gruppengrößen

Hintergrund der Debatte war die Novelle des Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes. Es sieht vor, dass die maximale Gruppengröße – sie liegt derzeit bei 23 Kindern plus zwei automatisch möglichen Überschreitungen – sukzessive sinkt. Ab dem Kindergartenjahr 2023/24 muss die Überschreitung wieder genehmigt werden, und ab 2025/26 liegt die generelle Gruppengröße bei 22 Kindern, ab 2028/29 dann bei 21. Zudem müssen die Einrichtungen mindestens 47 Wochen im Jahr offen haben. Wenn für drei Kinder ein Betreuungsbedarf angemeldet wird, dann muss es in der Gemeinde ein Betreuungsangebot am Nachmittag geben. Offen bleibt allerdings, wie lange geöffnet sein muss. Die Öffnungszeiten sollen "bedarfsgerecht" sein, so Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP).

Darüber hinaus wird in der Novelle der Kinderschutz gesetzlich verankert. Für Aufregung sorgte im Vorfeld ein Passus, wonach Pädagoginnen und Pädagogen eine Suspendierung von Kindern von bis zu acht Wochen aussprechen können, wenn es zu "außergewöhnlicher Gefährdung von Kindern/Personal beim Besuch der Einrichtung" komme. Vor allem SPÖ und Grüne sehen das als falschen Weg an.

Möglichkeit von Suspendierungen

Bei Schülern gebe es maximal eine vierwöchige Suspendierung und dies auch nur dann, wenn sie die Bildungsdirektion bei Gefahr im Verzug ausspreche, betonte die SPÖ-Abgeordnete Doris Margreiter in einer Anfrage an Haberlander. Die Landeshauptmann-Stellvertreterin begründete den Unterschied in ihrer Antwort damit, dass Schule und Kindergarten unterschiedlich zu bewerten seien, denn der Schulbesuch erfolge aufgrund der Schulpflicht und jener einer Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtung auf "rein privatrechtlicher Basis". Sie betonte zudem, dass die Suspendierungsmöglichkeit ein Wunsch der Gewerkschaften gewesen sei.

FPÖ-Abgeordnete Stefanie Hofmann sieht in der Novelle einen "wichtigen Meilenstein" zur Entlastung von Familien. "Damit werden zusätzlich rund 40 Millionen Euro in die Kinderbildung und -betreuung investiert." SPÖ, Grüne und Neos sehen die Novelle, mit der Schwarz-Blau Oberösterreich – derzeit bundesweit Schlusslicht bei der Betreuung der unter Dreijährigen – zum "Kinderland Nummer eins" machen will, hingegen als nicht ausreichend an.

Die SPÖ verlangt einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr. Auch die Neos wollen einen Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr und fordern zudem einen Betreuungsschlüssel von unter eins zu zehn sowie eine Aufwertung der Tageseltern. Für die Grünen ist die Novelle nur der erste Schritt und noch viel zu tun, der Suspendierung werde man aber nicht zustimmen. (APA, red, 16.6.2023)