Ein Alien
In "Aliens: Dark Descent" hört uns wieder einmal niemand schreien.
Focus Entertainment

Im "Alien"-Franchise lässt sich meist durch die Schreibweise des Titels erahnen, welche Art von Werk man sich erwarten kann. Ist der Titel im Singular gehalten, so wird der Stil eher in Richtung Sci-Fi-Horror gehen, Titel im Plural lassen ein eher actionlastiges Erscheinungsbild erahnen. Zur ersten Kategorie gehört Ridley Scotts Originalfilm "Alien" von 1979 ebenso wie das Survival-Horrorspiel "Alien: Isolation" (2014), zur zweiten Kategorie gehören James Camerons "Aliens" (1986) und das Multiplayer-Actionspiel "Aliens: Fireteam Elite" (2021), das kurz nach dem Launch von immer weniger Menschen gespielt wurde und schließlich in der Versenkung verschwand.

Die Lücke der "Aliens"-Actionspiele will Focus Entertainment nun mit "Aliens: Dark Descent" schließen. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht um ein Multiplayer-, sondern um ein reines Singleplayer-Spiel, bei dem sich die Spielerin oder der Spieler mit einem Squad an Marines durch eine düstere Welt bewegt und bei Bedarf auf angreifende Xenomorphen ballert. Bisherige Reviews fielen äußerst positiv aus: So wird die PC-Version von 35 Fachmedien auf der Plattform Metacritic im Schnitt mit 75 von 100 möglichen Punkten bewertet, auf Steam wird "Aliens: Dark Descent" von knapp 1.400 Menschen großteils als "sehr positiv" bewertet. DER STANDARD hat auf der Xbox Series X in das Spiel hineingeschnuppert.

Wenig Suspense, rasches Storytelling

Was schon gleich in den ersten Minuten des Spiels klar wird: Suspense, das Kernelement des von Kritikern und Fans gleichermaßen geliebten "Alien: Isolation", darf man sich bei "Aliens: Dark Descent" nicht erwarten, Schockelemente sind äußerst rar gesät. Das bedeutet aber nicht, dass es dem aktuellen Werk an Atmosphäre fehlt, ganz im Gegenteil: Schon im Prolog führen zahlreiche Cutscenes in die Story hinein, der es wahrlich nicht an Action mangelt.

Aliens Dark Descent – Story Trailer
Focus Entertainment

So werden ausgewachsene Aliens gleich zu Beginn durch einen Sabotageakt befreit, in gespenstischer Manier zeigen Großaufnahmen hier, wie sich die Sarkophag-ähnlichen Container langsam öffnen. Kurz darauf muss die Protagonistin bereits vor dem ersten Xenomorphen flüchten, während die restliche Crew von grindigen Facehuggern überrannt wird. Manches davon erlebt man in Videosequenzen, anderes in Form aktiven Gameplays aus der isometrischen Perspektive in Echtzeit.

Knackiges Gameplay

Das Gameplay ist es auch, was "Aliens: Dark Descent" von vielen anderen Spielen abhebt. So wird rasch klar, warum es sich hier nicht um einen Multiplayer-, sondern um einen Singleplayer-Titel handelt. Es werden nämlich nie einzelne Teammitglieder, sondern das gesamte Squad befehligt, das sich als geschlossene Einheit durch die düsteren Gänge bewegt. Die Martines schießen automatisch auf Feinde, sobald sich diese nähern, und gibt man einen Befehl zum Ausführen einer Spezialoperation – etwa zum Verschweißen einer Tür, zum Werfen einer Granate oder zur Interaktion mit einem NPC –, so wird automatisch jener Spielcharakter dafür auserkoren, der sich am besten dafür eignet.

Aliens: Dark Descent – Gameplay Overview Trailer
Focus Entertainment

Sehr wohl ist es aber möglich, einzelne Teammitglieder während Missionen zu heilen. Und das ist auch bitter nötig, denn in "Aliens: Dark Descent" gibt es individuellen Permadeath: Stirbt ein Teammitglied, so ist es für immer verloren. Sterben alle, so gilt die Mission als gescheitert. Daher sollten sich die Marines auch immer von den Xenomorphen wegbewegen, während sie auf diese schießen – denn nach dem Ableben verspritzen die Aliens bekanntermaßen Säure, die ebenfalls Schaden anrichten kann.

Äußerst hitzig kann es daher werden, wenn die Aliens die Menschen bemerkt haben und von verschiedenen Seiten auf die Zweibeiner losstürmen. Zur Vermeidung solcher Situationen ist es ratsam, sich hinter Fässern und Kisten vor den außerirdischen Killermaschinen zu verstecken. Im kurzen Anspielen von uns nicht getestet, aber spannend: Versprochen wird von den Developern, dass jedes Durchspielen einer Mission einzigartig ist, weil sich die KI der Antagonisten an das Gameplay der Spielerin oder des Spielers anpasst.

Als Hub des Spiels dient schließlich die Otago – ein Raumschiff, das auf dem von Aliens bevölkerten Planeten Lethe notlanden musste. Von hier werden neue Missionen gestartet sowie Marines geheilt, befördert und hochgelevelt. Gleichzeitig ist die Otago Kernelement der Story rund um die weibliche Protagonistin: eine Verwaltungsoffizierin, die im Rahmen des Prologs eine schwierige Entscheidung trifft und somit mit den schießwütigen Marines in Konflikt zu geraten droht.

Fazit: Allein im All

Aufgrund des fehlendes Multiplayer-Modus ist "Aliens: Dark Descnet" nicht als Partyspiel geeignet – wer dies sucht, der sollte für das nächste Sommerfest vielleicht lieber ein Trinkspiel rund um den Survivalmodus in "Alien: Isolation" andenken oder doch noch einmal "Aliens: Fireteam Elite" eine Chance geben. Und auch wenn das Piepsen des Scanners immer ein wenig für Nervosität sorgt: Wer den Survival-Horror mit Schockeffekten sucht, der ist hier ebenfalls an der falschen Stelle.

Dennoch ist "Aliens: Dark Descent" ein gutes Spiel für Fans des Franchises, die vor allem den Film von James Cameron lieben und außerdem eine spielerische Herausforderung mit knackigem Gameplay suchen: Die Echtzeitsteuerung des Teams sorgt doch für einen deutlich höheren Adrenalinspiegel als so manche rundenbasierte Xcom-Kopie. (Stefan Mey, 25.6.2023)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Auf Steam und auf den Konsolen (PS4, PS5, Xbox one, Xbox Series X/S) kostet "Aliens: Dark Descent" 39,99 Euro. Ein Exemplar des Spiels wurde dem STANDARD zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.