Koranverbrennung in Stockholm
Der aus dem Irak stammende Salwan Momika zündete den Koran an
AFP/JONATHAN NACKSTRAND

Stockholm/Helsinki – In der schwedischen Hauptstadt Stockholm ist am Mittwochnachmittag bei einer öffentlichen Demonstration ein Koran angezündet worden. Aufnahmen des schwedischen Rundfunksenders SVT zeigten, wie ein Mann hinter Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams in Brand steckte. 

Der türkische Außenminister Hakan Fidan verurteilte die Tat scharf. Er verfluche diese "verachtenswerte Handlung", die gegen den heiligen Koran am ersten Tag des Eid-al-Adha-Festes begangen wurde". Fidan schrieb am Mittwoch im Onlinedienst Twitter, es sei "inakzeptabel", derartige gegen den Islam gerichteten Aktionen "unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit zuzulassen".

Die Auswirkungen der Aktion auf den angestrebten Nato-Beitritt Schwedens sind ungewiss. In einem Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Mittwoch abermals klar, dass Stockholm nicht auf ein baldiges Ja seines Landes zum schwedischen Nato-Beitritt hoffen könne.

Laut den schwedischen Fernsehbildern nahm neben dem Koranverbrenner nur ein weiterer Mann an der Aktion teil. Dutzende Menschen versammelten sich hinter den Absperrgittern, einige riefen wütende Worte. Insgesamt blieb es nach Senderangaben aber ruhig. Eine Person, die einen Stein in der Hand hielt, wurde demnach vom Ort weggeführt.

Koranverbrennung Stockholm
Eine weitere Person beteiligte sich am Protest
IMAGO/Stefan Jerrevång

Die Polizei der schwedischen Hauptstadt hatte den Protest vor der Stockholmer Moschee im Viertel Södermalm zuvor bewilligt, nachdem andere Aktionen dieser Art im Februar untersagt worden waren. Schwedische Gerichte hatten danach geurteilt, dass die Polizei nicht das Recht habe, die Erlaubnis zu Koranverbrennungen zu verweigern. Die Nachrichtenagentur Reuters identifizierte den aus dem Irak stammenden Salwan Momika als Antragsteller der aktuellen Aktion. Momika bezeichnet sich als Islamkritiker.

Auswirkungen auf Nato-Beitritt ungewiss

Islamfeindliche Aktionen in Stockholm – darunter das Verbrennen des Korans und das Aufhängen einer Puppe, die den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan darstellte – hatten Anfang des Jahres für erheblichen Ärger zwischen Schweden und der Türkei gesorgt. Für Schweden kamen diese Querelen zur Unzeit, da das skandinavische Land seit vergangenem Jahr darauf hinarbeitet, dass die Türkei ihre Blockadehaltung hinsichtlich des schwedischen Nato-Antrags aufgibt.

Inwieweit die Koranverbrennung vom Mittwoch neue Probleme für das schwedisch-türkische Verhältnis nach sich zieht, ist unklar. Auch Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson wollte dazu nicht spekulieren, wie er auf einer Pressekonferenz sagte. Zu der Aktion sagte er, dies sei zwar erlaubt, aber nicht angemessen. 

Koranverbrennung Stockholm
Dutzende Menschen versammelten sich hinter Absperrgittern – zum Teil gab es wütende Reaktionen
IMAGO/Caisa Rasmussen/TT

Ungarn seinerseits billigt den Beitritt Schwedens wohl nicht mehr vor dem Herbst, berichtete das Nachrichtenportal "hvg.hu" am Mittwoch unter Berufung auf Parlamentskreise. Die Ratifizierung des Nato-Beitritts Schwedens stehe nicht im Entwurf der Tagesordnung für die nächste Parlamentssitzung, schrieb das Portal. Die drei Sitzungstage nächste Woche sind die letzten vor der Sommerpause.

Schweden möchte den Beitritt zu dem Militärbündnis beim Nato-Treffen in Vilnius in zwei Wochen über die Bühne bringen. Die Türkei und Ungarn haben den gewünschten Beitritt bisher nicht ratifiziert.

Im Februar hatte auch die Nato-kritische Kulturvereinigung "Apallarkerna" vergeblich um Genehmigung für eine Koranverbrennung angesucht. Deren Vorsitzender Chris Makoundoul hatte gemeint, man habe tatsächlich gar keinen Koran verbrennen wollen, es sei vielmehr um die Genehmigung an sich gegangen. Für eine vorherige Koranverbrennung im Jänner war der dänische Rechtsextremist Rasmus Paludan verantwortlich. (APA, 28.6.2023)