Italien 1994: Die politische Landschaft liegt nach der Aufdeckung zahlreicher Korruptionsskandale in Trümmern. Inmitten des Chaos verheißt plötzlich ein Immobilien- und Medienunternehmer seinen frustrierten und orientierungslosen Landsleuten einen Neuanfang. Seiner Partei gibt Silvio Berlusconi in Anlehnung an die Fußball-Schlachtrufe den Namen Forza Italia. Der Rest ist Geschichte: Bis 2011 wird Berlusconi insgesamt viermal Ministerpräsident. Er punktet mit inhaltsarmem Populismus und sündhaft teuren Versprechungen – Hauptsache, die Umfragewerte stimmen.

Antonio Tajani übernimmt die Partei.
Antonio Tajani übernimmt die Partei.
EPA/MASSIMO PERCOSSI

Zuletzt war Berlusconi – er starb Mitte Juni im Alter von 86 Jahren – allerdings schon lange nicht mehr der Boss, sondern bestenfalls geduldeter, weil notwendiger Juniorpartner in der rechten Regierung von Giorgia Meloni. Die Umfragen: einstellig, Tendenz fallend. Die Marke zog nicht mehr. Für eine politische Nachfolge hat Berlusconi nie gesorgt, es wäre auch müßig gewesen: Forza Italia – das war immer und ausschließlich Silvio Berlusconi, eine kompromisslose One-Man-Show.

Mit dem 69-jährigen Antonio Tajani übernimmt nun einer seiner treuesten Ja-Sager das Ruder in einer Partei, die – wie er selber weiß – nur so lange im Spiel bleiben wird, wie sie die nötigen Mehrheiten für Meloni im Parlament sicherstellt. Was danach kommt? Die Antwort haben die allermeisten Wählerinnen und Wähler bereits gegeben: Sie kehrten "ihrem" Silvio Berlusconi schon zu dessen Lebzeiten den Rücken. (Gianluca Wallisch, 17.7.2023)