Die Haut als politische Bühne – extremistische Tattoos sind in der rechtsextremen Szene ein klares Bekenntnis zur Gesinnung.
Patrick Pleul / dpa / picturedes

Nach dem "Nazi-Tattoo"-Eklat im Freibad von Braunau dürfte es für die Polizisten, die nicht entsprechend eingegriffen haben, dienstrechtliche Konsequenzen geben. Demnach soll gegen die beiden Beamten bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sein, eine Suspendierung dürfte im Raum stehen.

Brauner Liege-Nachbar

Offiziell will man das vonseiten der Polizei auf Anfrage nicht bestätigen. Derzeit laufe eine interne Überprüfung, diese werde "angesichts der Befragung der Beamten, Auswertung des Funkprotokolls etc. sicher noch einige Tage in Anspruch nehmen".

Den Fall ins Rollen brachte jedenfalls ein Polizist aus Bayern. Der Mann war mit seiner Familie im Braunauer Freibad zugegen – doch an ein entspanntes Sonnenbaden war nicht zu denken. Grund dafür war die höchst bedenkliche Körperverzierung eines jungen Mannes auf der Nachbarliege. "Das Tattoo ist uns gleich aufgefallen, da es entsprechend groß war. Auf seinem rechten Arm hatte er einen SS-Totenkopf und in der Stirn dieses Totenkopfes waren zwei Runen und damit quasi das Zeichen der Waffen-SS. Darunter Schriftzüge wie ‚Blut und Ehre‘", schildert der Mann, der anonym bleiben möchte, im STANDARD-Gespräch die Situation.

Drehkreuz-Einvernahme

Der bayrische Polizist reagiert umgehend und verständigt die österreichischen Kollegen: "Die sind auch flott gekommen und haben mich dann angerufen und gesagt, ich soll zum Drehkreuz beim Eingang kommen." Dort habe er die Sachlage geschildert und mit dem Einschreiten der Beamten gerechnet.

"Doch erstaunlicherweise haben die Kollegen das Bad nicht betreten, sondern mir gesagt, ich soll dem Bademeister sagen, er soll den Mann mit den Nazi-Tattoos zum Ausgang bringen", erzählt der Zeuge. Doch auch keiner der Bademeister sieht sich offensichtlich bemüßigt, etwas zu unternehmen. Letztlich ziehen die Beamten wieder ab. Was in den Tagen darauf folgt, ist eine polizeiliche Pressemitteilung, in der die Situation entschieden anders geschildert wird. Demnach hätten sich die Polizisten zum Freibad begeben, und es habe einen persönlichen Kontakt sowohl "mit dem Anzeiger als auch mit dem Badepersonal" gegeben – "keiner der Anwesenden konnte den Aufenthaltsort des Mannes nennen. Sie wurden daher aufgefordert, bei Ansichtigwerden sofort wieder die Polizei zu verständigen. Ein Anruf erfolgte nicht mehr."

Für den bayrischen Kollegen sind diese Aussagen auch Tage danach noch "völlig unverständlich". Es stimme einfach nicht, dass man nicht gewusst habe, wo der Mann zu finden sei. "Von dem Punkt an, wo ich ins Schwimmbad reingegangen bin, bis um 16 Uhr, als ich das Schwimmbad verlassen habe, hätte ich sagen können, wo diese Person sitzt. Weil sie am Handtuch direkt neben uns lag."

Hätte man nach der Person im Bad suchen müssen, hätte er das Verhalten der Polizisten noch verstanden. "Dann wäre es erklärbar, warum die Beamten das Bad nicht betreten haben. Aber so ist es unverständlich, man hat immer gewusst, wo der Mann sich aufhält."

Stadtpolitik für Aufklärung

Vonseiten der Braunauer Stadtpolitik fordert man eine rasche polizeiliche Aufklärung. "Es ist Aufgabe der Bundespolizei, auf den Tisch zu legen, wie und warum der Einsatz so gelaufen ist", sagt SPÖ-Vizebürgermeister Wolfgang Grabner-Sittenthaler. Zudem müsste rasch geklärt werden, welche der Tätowierungen unter das Verbotsgesetz fallen würden. Grabner-Sittenthaler: "Der Mann ist amtsbekannt. Wenn ich will, kann ich den rasch vorladen."

Wer verfassungswidrige Tätowierungen mit Motiven aus der Zeit des Nationalsozialismus trägt, macht sich in Österreich unmittelbar strafbar, wenn diese im öffentlichen Raum zur Schau gestellt werden. Darunter fallen etliche NS-Symbole, nicht aber der "Blood and Honour"-Schriftzug. Dessen Zurschaustellung ist zwar in Deutschland, nicht aber in Österreich strafbar. (Markus Rohrhofer, 19.7.2023)