Das neue Wohngebäude an der Ecke Preßgasse/Schäffergasse im vierten Wiener Gemeindebezirk ist der erste "neue" Wiener Gemeindebau, der nicht von der dafür gegründeten Gesellschaft Wigeba, sondern von Wiener Wohnen allein erbaut wurde. Der Grund dafür liegt in den dramatischen Umständen, die zum Wiederaufbau geführt haben: Am 26. Juni 2019 zerstörte eine verheerende Explosion das dort zuvor befindliche städtische Wohngebäude aus den 1950er-Jahren. Der 22-jährige Bewohner, der die Explosion "durch den unsachgemäßen Umgang mit Gas" herbeigeführt hatte, kam dabei ums Leben, ebenso wie eine 29-jährige Nachbarin. 15 Anrainer wurden verletzt, zwei davon schwer.

Vorderansicht des Gemeindebaus in der Preßgasse in Wien-Wieden.
Der neueste Wiener Gemeindebau ist ein wiederaufgebauter.
Putschögl

Das Gebäude war dabei so schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, dass es einsturzgefährdet war und abgerissen werden musste. Insgesamt 30 Wohneinheiten befanden sich in dem Haus, die Mieterinnen und Mieter wurden zwischenzeitlich woanders untergebracht.

14 von ihnen sind nun zurückgekehrt – in ähnlich große Wohnungen, wie sie zuvor hatten, und zu gleichen Mietkonditionen, wie in einer Aussendung von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) betont wird. Sie ziehen in einen Neubau ein, der um rund zehn Millionen Euro in den vergangenen vier Jahren geplant und errichtet wurde und in dem es nun 33 Wohneinheiten gibt. Für den Neubau flossen laut Grundbuch auch Wohnbaufördermittel in Höhe von 1,46 Millionen Euro.

Wärmepumpe und Photovoltaik

Auf insgesamt acht Geschoßen entstand eine Gesamtwohnfläche von knapp 2.000 Quadratmetern. Gasleitungen gibt es im Haus nun keine mehr, eine Luftwärmepumpe speist die Heizung und sorgt für das Warmwasser, unterstützt von Photovoltaik am Dach und einem Solespeicher unter der Bodenplatte.

Die Hofflächen wurden entsiegelt, Regenwasser kann dort nun versickern bzw. wird damit die Fassadenbegrünung vollautomatisch bewässert. Letztere wird allerdings noch etwas Zeit brauchen, bis sie ihre volle Pracht entfaltet. Zusätzlich tragen Bienen- und Vogelweiden sowie Nistkästen für Mauersegler und Fledermäuse zur Biodiversität bei, heißt es.

Die begrünte Fassade des neuen Gemeindebaus in der Preßgasse.
Die Fassade wird begrünt.
Putschögl

Die Wohnungen sind mit Fußbodenheizung, Echtholzböden, dreifach verglasten Holz-Alu-Fenstern, Außenjalousien und privaten Freiflächen wie Balkonen und Terrassen ausgestattet. Ein kleiner begrünter Freiraum im Innenhof dient auch als Nachbarschaftstreffpunkt. Außerdem sind eine Waschküche, Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Kinderwägen und Gehhilfen, eine Tiefgarage mit zehn Stellplätzen sowie Kellerabteile für jede Wohneinheit entstanden. Letzteres wäre laut Wiener Bauordnung kein Muss mehr.

Im Erdgeschoß soll bis spätestens Februar kommenden Jahres ein Café eröffnet werden, das vom gemeinnützigen Unternehmen "Wien Work integrative Betriebe und AusbildungsgmbH" betrieben werden soll und Menschen mit Behinderung und Langzeitarbeitslose beschäftigen soll.

Blick aufs Erdgeschoß des neuen Gemeindebaus, wo noch nicht alles wirklich fertig ist.
Fertig ist noch nicht alles.
Putschögl

Neunter "neuer" Gemeindebau

Wie schon erwähnt, war hier nicht die Wigeba, das gemeinsame Unternehmen von Gesiba und Wiener Wohnen, der Bauherr, sondern Wiener Wohnen selbst. Die Pläne stammen von der WGA ZT Gmbh. Die neue Wohnhausanlage wurde mit den Prädikaten Greenpass Silber sowie klima:aktiv ausgezeichnet.

Auch wenn es sich bei dem Bau in der Preßgasse also quasi "nur" um einen Ersatzneubau handelt, in dem nur drei Wohnungen mehr geschaffen wurden, als es vor dem tragischen Ereignis vom Juni 2019 dort gab, zählt man das Projekt bei Wiener Wohnen zu den "neuen" Gemeindebauprojekten dazu. Insgesamt wurden damit bereits neun "neue" Gemeindebauten mit zusammen genau 1.033 Wohneinheiten errichtet. Vier weitere Projekte mit 573 Wohneinheiten befinden sich schon in Bau, ob davon heuer noch eines fertig wird, kann man bei Wiener Wohnen aber noch nicht sagen. (mapu, 2.8.2023)