Der nigerianische Präsident Bola Tinubu auf einem Archivbild von Ende Mai.
Der nigerianische Präsident Bola Tinubu, hier auf einem Archivbild von Ende Mai, drohte den Putschisten im Niger.
REUTERS/TEMILADE ADELAJA

Anfang Juli wurde eine ebenso schillernde wie fragwürdige Politikerpersönlichkeit zum Vorsitzenden der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas gewählt: Bola Tinubu, bekannt als der "Pate von Lagos" und nun Präsident Nigerias. "Wir dürfen nicht einen Putsch nach dem anderen zulassen", sagte Tinubu in seiner Ecowas-Antrittsrede und meinte damit Mali, Guinea und Burkina Faso.

Nur zwei Wochen später putschte sich das Militär auch im benachbarten Niger an die Macht. Tinubu drohte als Ecowas-Vertreter mit einer militärischen Intervention. Passiert ist nach Ablauf der dafür gesetzten Sieben-Tage-Frist bisher nichts.

Exil in den USA

Der 71-Jährige hat selbst Erfahrungen mit Putschisten. In der kurzlebigen Dritten Republik Nigerias vertrat er 1992 den Wahlkreis Lagos West im Senat, als General Sani Abacha nach der Macht griff. Tinubu ging ins Exil in die USA, wo er auch schon studiert hatte, und kehrte erst nach dem Tod des Militärdiktators wieder zurück in seine Heimat.

Ein Symbol dieser "Befreiung" soll auch Tinubus Markenzeichen, die traditionelle muslimische Kappe darstellen, auf die gesprengte Ketten aufgestickt sind. Der Zentrist sieht sich gerne als Bewahrer der Demokratie.

Als Nachweis dafür nennt der aus der Yoruba-Volksgruppe Stammende oft seine Zeit als Gouverneur in Lagos (1999 bis 2007), wo er in Bildung und Wohnen investierte und sein breites und einflussreiches politisches Netzwerk aufbaute.

Herkunft des Vermögens unklar

Tinubus dubiose Geschäfte brachten ihm aber bald Kritik ein. Die Liste seiner Besitztümer und Unternehmensanteile ist lang, die Herkunft seines Vermögens unklar. In Lagos bewohnt der sechsfache Vater und Sohn einer Youruba-Iyaloja (einer traditionellen Führerin) mit seiner Frau Oluremi ein pompöses Anwesen. Ihm wurden Korruption, Drogengeschäfte und Geldwäsche nachgesagt. Tinubu selbst wies stets alle Schuld von sich. Seiner fragwürdigen Rolle in Nigerias Megacity Lagos widmete sich 2015 die Dokumentation The Lion of Bourdillon. Tinubu klagte erfolgreich gegen die Ausstrahlung.

Mit der bisher zahnlosen Drohung gegen die Putschisten im Niger hat sich Tinubu im eigenen, kriegsmüden und von Terrorismus gebeutelten Land viel Kritik zugezogen. Er verhalte sich wie der "Elefant im Porzellanladen", warf ihm die Presse vor. Über den nächsten Schritt wird die Ecowas am Donnerstag in Nigerias Hauptstadt Abuja beraten. (Manuela Honsig-Erlenburg, 9.8.2023)