Beglückte mit Beethoven und Brahms: Daniel Barenboim mit dem West-Eastern Divan Orchestra in Salzburg.
SF/Marco Borrelli

Auftritt Daniel Barenboim. Vorsichtig, ein wenig unsicher die Schritte. Igor Levit, eingesprungen für Martha Argerich, lässt den "gebührenden" Auftrittsvorsprung des Solisten nicht zu groß werden, wartet mehrmals freundlich auf den Dirigenten. Nach der – überwältigenden – gemeinsamen Wiedergabe von Beethovens erstem Klavierkonzert ist die Fürsorge des Solisten um den Maestro bei den Applausrunden geradezu mit Händen zu greifen.

Barenboim und sein West-Eastern Divan Orchestra haben auf ihrer Sommertournee nach Stationen in Köln und Luzern bei den Salzburger Festspielen gastiert. Ein Open-Air-Konzert in der Waldbühne Berlin stand da noch bevor: Keine geringe Herausforderung für den Achtzigjährigen. Auf dem Programm: Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15 und Brahms’Symphonie Nr. 2.

Aufschwünge strahlender Kraft

Nach dem im Großen Festspielhaus zu Salzburg keineswegs kurzen Marsch zum Pult war auch das Einnehmen des Dirigentensessels keine Performance der Leichtigkeit. Ganz im Gegensatz zu allem, was gespielt wurde, nachdem Daniel Barenboim den Stab ergriffen hatte.

Die durch Martha Argerichs Absage zustande gekommene Paarung Levit/Barenboim ergab eine exemplarische Mixtur aus Virtuosentum und Weisheit – bei jeweils gleichen Anteilen. Perlenketten schimmernder Klaviertöne über sanften Pizzicati. Gemeinsame Aufschwünge strahlender Kraft: Die Dialoge mit dem Orchester und den Solistinnen und Solisten schienen davon zu erzählen, wie ein Miteinander funktioniert, durch Hellhörigkeit. Barenboim war der souveräne Gesprächsleiter. Das war ein C-Dur-Konzert wie frisch vom Kopisten, gerade wenn man "Levit und Beethoven" bislang eher mit gedonnerten Klaviertranskriptionen ganzer Symphonien erlebt hat.

Die "Zweite" Brahms’ war exemplarischer Barenboim. Ruhevoll mit kraftvollen Aufschwüngen und delikaten Pianissimi. Balance in Reinkultur – Barenboims Markenzeichen. Jubel für die Ausführenden. (Heidemarie Klabacher, 19.8.2023)