Mit "Oppenheimer" hat Regisseur Christopher Nolan nicht zum ersten Mal ein Werk vorgelegt, das unter anderem in Sachen Länge bombastische Dimensionen aufweist. Seit rund einem Monat lockt das Biopic über J. Robert Oppenheimer, der als Vater der Atombombe gilt, das Publikum in die Kinos. Die ernste Thematik und düstere Endzeitstimmung, die der Film transportiert, erwiesen sich wohl als reizvolle Argumente für einen Kinobesuch: Verzeichnet wurde für den Film, dessen Hauptrolle "Peaky Blinders"-Star Cillian Murphy spielt, bislang ein Einspielergebnis von 700 Millionen Dollar. Ein wenig Zeit sollte man für "Oppenheimer" jedenfalls unbedingt mitbringen: Die Laufzeit des Films beträgt 181 Minuten.

Hauptdarsteller Cillian Murphy in einer Szene aus dem Film
Als Oppenheimer: Cillian Murphy.
AP/Melinda Sue Gordon/© Universal Studios. All Rights Reserved.

"Oppenheimer": Handlung des Films

Im Zentrum des Films steht die reale Person des US-Wissenschafters Oppenheimer (1904–1967), der Anfang der 1940er-Jahre im Rahmen eines streng geheimen Projekts den Auftrag erhielt, mit einer Heerschar an Kolleginnen und Kollegen die Atombombe zu entwickeln. Erzählt wird unter anderem von der Studienzeit des ehrgeizigen theoretischen Physikers, die ihn über Großbritannien, die Niederlande und die Schweiz bis nach Deutschland führte. Zurück in den USA stieg Oppenheimer schnell zu einem der gefragtesten Männer seines Fachs auf und brachte die Quantenphysik auch in seiner Heimat aufs Spielfeld. Dadurch stieß die US-Regierung bald auf seinen Namen, als es darum ging, sich gegen die Nazis im Wettrennen um die Atombombe durchzusetzen. Für Spannungen sorgte, dass Oppenheimer, der deutsch-jüdischer Abstammung war, bereits vor diesem Auftrag aufgrund etlicher Beziehungen zu kommunistischen Kreisen als umstrittene Persönlichkeit wahrgenommen wurde, wenngleich er selbst nie Teil der kommunistischen Partei war.

Die zentralen Handlungsstränge des Films verbinden diese beiden Themen zu einer regelrechten Tour de Force: die Entwicklung der Atombombe sowie das spätere sukzessive In-Ungnade-Fallen Oppenheimers, dem nach dem Zweiten Weltkrieg in der McCarthy-Ära aus seiner politischen Vorgeschichte ein Strick gedreht wurde. Oppenheimers primäre Aufgabe war zunächst, das Manhattan-Projekt zum Bau einer Atombombe unter der militärischen Leitung von General Leslie R. Groves (Matt Damon) zum Erfolg zu führen, bis in der Wüstenlandschaft um Los Alamos in New Mexico nach jahrelanger Vorbereitung am Tag X endlich der alles entscheidende "Trinity-Test" anstand. Letztlich erfolgte jedoch der Entzug von Oppenheimers Sicherheitsberechtigung – ein herber Schlag für den in viele Regierungsprojekte involvierten Wissenschafter.

Das Drehbuch entstand auf Basis der Biografie "American Prometheus" von Kai Bird und Martin J. Sherwin. Der irische Darsteller Cillian Murphy tritt als dünner, hochgewachsener und kettenrauchender Oppenheimer in Erscheinung, den eine Art erhabene Aura umgibt, in der auch die Getriebenheit dieses von vielen als genial betrachteten Wissenschafters zum Ausdruck kommt.

Das sagen die Kritiken

Der "Falter" lobte, Christopher Nolan habe mit "Oppenheimer" das Genre des Wissenschaftsblockbusters begründet, das Unterhaltung mit Anspruch verbinde. Nolans "bekannte visuelle Sprache der Superlative" komme darin zum Einsatz. Das Publikum verlasse das Kino mit dem Eindruck, einem "großen künstlerischen Wagnis" beigewohnt zu haben. DER STANDARD fand kritischere Worte: Mit seiner Detailversessenheit mache es der Filmemacher dem Publikum nicht leicht. Nolan entwerfe ein Kaleidoskop der Katastrophen rund um die Entwicklung der fatalen Bombe. Ein bisschen "Überwältigungsästhetik" müsse aber wohl sein – "in einem Film, der mit heiligem Ernst und mit dem erzählerischen Donnerkeil auf die vergleichsweise naiven Heldengeschichten des Blockbusterkinos reagiert." Die "Zeit" äußerte sich ebenfalls kritisch zu "Oppenheimer": Der Film halte leider nicht, was er verspreche. Er wolle lieber von der politischen Paranoia der McCarthy-Ära in den frühen Fünfzigern als von der Bombe erzählen. Über die gesamte Spielzeit von drei Stunden gebe es kaum mehr zu sehen als halogenverstrahlte Räume, in denen sich angespannte Männer wahlweise über Quantenphysik oder Antikommunismus unterhalten. "Nur selten wird gelächelt, noch seltener darf eine Frau etwas sagen, am seltensten versteht man wirklich, worum es gerade geht," heißt es da.

Der "Guardian" schreibt dagegen, dass der Begriff Biopic als zu kleines Wort erscheine, um den Ehrgeiz und die Tragweite von Nolans beeindruckendem, wenn auch gelegentlich sperrigem jüngstem Werk zu erfassen. Hervorgehoben wird hier auch die überzeugende Darstellung des Protagonisten: Murphys Physis als Ganzes sei eine der stärksten Waffen, die in "Oppenheimer" zur Anwendung kämen, er wirke mit seiner außergewöhnlich hageren Gestalt wie eine "theoretische Idee eines Mannes". Medial wurde kolportiert, dass Murphy für die Rolle eine strenge Diät eingehalten und gezielt Gewicht reduziert habe, um der körperlichen Erscheinung Oppenheimers näher zu kommen.

Was sagen Sie?

Was wussten Sie vor dem Film über die reale Person hinter "Oppenheimer" – und wie haben Sie den Film über ihn erlebt? Welche Szenen haben Ihnen besonders gefallen? Was fanden Sie gut gemacht und was vielleicht eher misslungen? Tauschen Sie sich im Forum aus! (Daniela Herger, 21.8.2023)