Es liegt wohl in der Natur der Sache: Wenn man nicht vollkommen zurückgezogen lebt, sondern häufig andere Menschen um sich hat, stellt sich zumindest theoretisch die Frage, wie diese auf einen reagieren. Hegt doch jeder und jede von uns gewisse Erwartungshaltungen an andere, bildet sich Meinungen zu ihnen und fällt zuweilen Urteile über sie. Wie man auf andere wirkt und was sie von einem halten, spielt jedoch für jeden Menschen eine unterschiedlich große Rolle. Und das nicht nur innerhalb der eigenen Familie oder des Freundeskreises, sondern auch im Job oder wenn es um gänzlich fremde Personen geht.

Ein Mann steht mit verschränkten Armen im Vordergrund, während drei Personen unscharf im Hintergrund zu sehen sind, die miteinander sprechend in seine Richtung gestikulieren
Wie andere einen wahrnehmen (könnten), geht Menschen unterschiedlich nahe.
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Wenn Fremdwahrnehmung das Leben definiert

Achten manche penibel darauf, nur ja in keiner Weise unangenehm aufzufallen, so machen sich andere wenig Gedanken darüber, was ihre Mitmenschen über sie denken könnten, oder provozieren ganz bewusst. Ist das Tun und Lassen einiger stark davon bestimmt, anderen nur ja keine Angriffsfläche zu bieten, lautet das Motto manch anderer eher "Muass da wuascht sein" oder "Pfeif di nix." Was sich gehört und was nicht, ist für die einen das Maß aller Dinge, während andere lieber sich selbst als Maßstab sehen und dahingehend entscheiden, was für sie stimmig ist.

Das Phänomen zieht sich durch viele Bereiche des täglichen Lebens. Beispielsweise beschäftigt einige ständig die Außenwirkung ihrer optischen Erscheinung und die Frage, ob man "so herumlaufen" könne oder nicht. Andere grübeln häufig darüber nach, wie ihre Worte aufgenommen werden, und ob sie vielleicht durch eine missverständliche Aussage einen falschen Eindruck erweckt haben. Und Eltern sehen möglicherweise ihren Erziehungsstil auf dem Prüfstand und sind gestresst, wenn sie vor Publikum auf ein schwieriges Verhalten ihres Kindes reagieren müssen. Verschärft werden solche Sorgen häufig noch dadurch, wie urban oder rural man lebt – denn während die Anonymität der Großstadt in dieser Hinsicht ein Segen sein kann, findet das Leben an manchem ländlichen Ort unter ständiger Beobachtung der Umwelt statt, sodass man nicht darüber zu mutmaßen braucht, ob andere eventuell über einen reden, sondern die ständige "schlechte Nachrede" in Form von Dorftratsch miterlebt.

Je nach Naturell gelingt es einem, besser oder schlechter damit umzugehen, was andere tatsächlich oder nur der eigenen Vorstellung nach von einem halten oder über einen sagen mögen. Auch kommt es vor, dass man sich im Laufe seines Lebens eine größere Gelassenheit aneignet, und sich weniger den Kopf über diese Dinge zerbricht als in jungen Jahren.

Wie geht es Ihnen damit?

Sind Sie in Sachen Fremdwahrnehmung eher Team "Überbesorgt" oder Team "Sorgenfrei"? Gibt es Dinge, die Sie bewusst nicht tun, weil Sie die Reaktionen fürchten? Wäre es für Sie eine große Erleichterung, allein auf einer Insel zu leben, wo Sie nicht damit konfrontiert sind, was andere über Sie denken? Oder könnten Ihnen die Urteile und Meinungen anderer Menschen über Sie nicht gleichgültiger sein? Und hat sich im Laufe der Zeit dabei etwas an Ihrer Einstellung geändert? Diskutieren Sie im Forum! (Daniela Herger, 28.8.2023)