Wenn sich dieser Tage die Staatschefs und -chefinnen der 20 wichtigsten Industrieländer in Delhi treffen, dann ist Narendra Modi dort, wo er sein will: Als mächtiger Gastgeber konnte sich der Premier des Subkontinents als Vaterfigur eines neuen Indien gerieren, das selbstbewusst seinen eigenen Weg geht. Dazu gehört auch, als G20-Vorsitzland Sprachrohr für den Globalen Süden zu sein – die Aufnahme der Afrikanischen Union wurde etwa beschlossen.

Weit entfernt von inklusiver Politik

Das sind wichtige Entwicklungen, die in einer Welt, die nach globaler Gleichberechtigung strebt, zu begrüßen sind. Doch daheim fördert die indische Regierung Entwicklungen, die weit entfernt von inklusiver Politik sind. So nutzte Modi die für ihn so wichtige G20-Bühne nicht nur, um Indien als globale Macht zu positionieren, sondern auch dafür, eine ganz bestimmte Vision dieses Indien zu fördern: Da wird zum Staatsdinner von "Bharat" geladen, was der Hindi-Name des Landes ist und auf ein altes Sanskrit-Wort zurückgeht. Da werden zur gleichen Zeit Journalisten und Oppositionelle verfolgt.

Indiens Premierminister Narenda Modi beim G20-Gipfel.
Indiens Premierminister Narenda Modi beim G20-Gipfel.
AFP / Money Sharma

Über Minderheiten drüberfahren

Kurzum: Da wird zwar mit vielem, was unter die Kategorie "koloniales Erbe" fällt, aufgeräumt, aber im Zuge dessen wird eine spezielle hindunationalistische Vision Indiens realisiert, die autoritärer und weniger demokratisch ist und über Minderheiten drüberfährt. Die hochrangigen Gäste in Delhi hielten sich mit offener Kritik vielleicht zurück, weil sie Indien als starken Partner in Asien brauchen. Doch sie sehen das. (Anna Sawerthal, 10.9.2023)