Die Wogen gehen hoch in Korneuburg. Das liegt weniger am jüngsten Hochwasser, das Ende August auf 5,80 Meter stieg und dafür sorgte, dass der Hochwasserschutz aufgebaut werden musste. Hauptsächlich liegt es am Projekt Werftareal, in dessen Rahmen sehr begehrter Wohnraum am Wasser geschaffen werden soll und das die Stadtgemeinde gemeinsam mit René Benkos Signa Holding umsetzen will.

Ein Blick in das noch ungebaute Stadtquartier.
Die Signa hat kürzlich wieder neue Visualisierungen erstellen lassen und vor wenigen Wochen beim Hafenfest die Bevölkerung über das Projekt informiert.
Visualisierung: K18

Oder, genauer: umsetzen muss. "Die Stadtgemeinde hat sich die Signa als Projektpartner nicht ausgesucht", sagt Roland Raunig, Geschäftsführer des Stadtentwicklungsfonds Korneuburg (Sefko), zum STANDARD. Das Großprojekt mit bis zu 1.000 Wohneinheiten sowie Flächen für Gewerbe und Kultur läuft schon seit 2015; von 2016 bis 2018 wurde unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ein Rahmenplan erarbeitet. 2019 stieg dann die Signa in das Projekt ein, indem sie Grundstücke aufkaufte.

Planung ohne Autobahnabfahrt

Der Masterplan für das 18 Hektar große Areal sieht eine Bruttogeschoßfläche von 170.000 Quadratmetern vor. Auf dieser Grundlage startete man 2021 ein kooperatives Planungsverfahren, zu dem sechs Architekturbüros geladen wurden. Und im Herbst 2021 ging es auch mit dem Verfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) los. Doch hier spießt es sich nun.

Ein Blick auf das Werftareal, Visualisierung des Masterplans.
Visualisierung von 2021: Die Grundstücke auf der Halbinsel gehören mehrheitlich der Signa, auf dem Festland ist das Verhältnis von Stadt zu Signa etwa 50:50.
Visualisierung: K18

Raunig erklärt, woran: "Grundlage des UVP-Verfahrens war immer, dass eine neue Autobahnabfahrt von der A22 kommt." Doch diese scheint sich nun zumindest zu verzögern – falls sie überhaupt je gebaut werden wird. Vonseiten der Asfinag gibt es gegenüber dem STANDARD dazu die Stellungnahme, dass zwei Varianten als Vorschläge ausgearbeitet und sowohl dem Land als auch der Stadtgemeinde vorgelegt wurden. Allerdings: Dabei handelt es sich um Varianten für den Umbau der bestehenden Abfahrt Korneuburg-Ost. Von einer neuen Abfahrt Korneuburg-Donau oder Korneuburg-Mitte, wie sie heißen könnte, ist in der Asfinag nicht die Rede, es gebe dazu auch keinen Auftrag des Verkehrsministeriums.

Verhandlungen über Redimensionierung

Man geht also in der Stadt nun davon aus, dass die Abfahrt entweder nicht oder arg verspätet kommen wird – und will das gesamte Projekt deshalb redimensionieren, sprich: verkleinern. Um wie viel, ist derzeit Gegenstand von Diskussionen.

Visualisierung eines mehrgeschoßigen Wohnbaus im Werft-Areal.
Die Signa soll den Großteil der Infrastrukturkosten übernehmen.
Visualisierung: K18

Von den 170.000 Quadratmetern an Bruttogeschoßflächen müsse man signifikant wegkommen, sagt Raunig. Das UVP-Verfahren wird geändert. In der Signa trägt man das offiziell zwar mit – denn die Redimensionierung des Projekts in dem Fall, dass nicht spätestens bis Ende 2025 eine Zusage des Verkehrsministeriums für einen A22-Anschluss vorliegt, steht schließlich auch in jenem Kooperationsvertrag, den die Stadt und die Signa im Sommer 2022 unterzeichnet haben.

Doch hinter vorgehaltener Hand befürchtet man in der Signa, dass das Projekt nun zwar verkleinert wird – die Autobahnabfahrt aber irgendwann ja doch noch gebaut wird. Denn Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, allen voran Bürgermeister Christian Gepp (ÖVP), betonten schon in der Vergangenheit bei jeder Gelegenheit, die neue Autobahnabfahrt zu benötigen.

30 Prozent "leistbarer" Wohnraum

Die Abfahrt Korneuburg-Ost südlich des Stadtgebiets sei komplett überlastet, sagt auch SPÖ-Politikerin Bernadette Haider-Wittmann, sie ist Vorsitzende des Sefko. Geschäftsführer Raunig weist außerdem darauf hin, dass einerseits schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwischen Bahntrasse und Autobahn sehr viel gebaut wurde, darunter das neue Justizzentrum. Andererseits sei der Autobahnanschluss nur die eine Seite der Medaille. Die andere sei die zwei Kilometer lange Verbindungsstraße vom Kreisverkehr der Autobahnabfahrt zur Stockerauer Straße (B1), also nicht Richtung Werftareal, sondern in Richtung Ortsmitte. "Diese Verbindungsspange muss auf jeden Fall gebaut werden", sagt Raunig – und zwar vom Land und der Gemeinde, unter finanzieller Mithilfe der Signa. Sie wird wohl rund zehn Millionen Euro kosten.

Alte Backsteinhallen am Korneuburger Werft-Areal.
Für die Revitalisierung der alten Backsteinhallen sind ebenfalls Kostenbeiträge der Signa geplant.
Visualisierung: K18

Dies und noch viel mehr hat die Signa übrigens im erwähnten Kooperationsvertrag bereits zugesagt. Neben einem Anteil von 30 Prozent "leistbarem" Wohnraum, um den lange gerungen wurde, stehen da auch diverse Kostenbeiträge der Signa für Verkehrs- und soziale Infrastruktur in Höhe von rund 26 Millionen Euro drin. Dazu gehört ein Beitrag zur Revitalisierung der alten Werfthallen, die sich im Eigentum der Gemeinde befinden und die die sogenannte Werftmitte, also das Zentrum des neuen Stadtteils, darstellen sollen.

Der Widerstand wird größer

Doch zuletzt wuchs auch in der Korneuburger Bevölkerung der Widerstand gegen das Projekt, was auch mit dem Partner Signa zu tun hat. Die jüngsten Vorkommnisse rund um die Kika/Leiner-Insolvenz haben dessen Ansehen nicht gerade gesteigert. Die SPÖ strebt nun sogar eine Volksbefragung über das Projekt an. Das ginge per Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat, in dem die ÖVP die absolute Mehrheit hat – oder per Unterschriftenaktion, sagt Haider-Wittmann: Rund 1.000 Unterschriften seien nötig, um die Volksbefragung zu erzwingen. Das hat man notfalls auch vor. (Martin Putschögl, 20.9.2023)