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Der Kostenauftrieb für Printprodukte stellt Verlage vor große Herausforderungen.
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Große wie kleine Medienhäuser haben schon bessere Zeiten gesehen. Der Kostenauftrieb für Printprodukte stellt Verlage vor große Herausforderungen; Inflation, hohe Transportkosten sowie Personalmangel ergeben eine toxische Mischung. Dazu kommt die Dominanz internationaler Konzerne wie Google auf dem Werbemarkt, die, unersättlich, mehr als die Hälfte des Online-Werbekuchens verschlingen. Viele Verleger sehen das neue ORF-Gesetz kritisch, weil es zusätzlich marktverzerrend wirken könnte. Öffentliche Förderungen mögen die Unzulänglichkeiten des kleinen, dysfunktionalen Medienmarktes immer weniger auszugleichen – trotz einiger positiver Entwicklungen, von denen, unter anderen, auch DER STANDARD profitiert.

Das Grundproblem wird nicht gelöst: Wie kann unabhängiger, qualitätvoller Journalismus garantiert werden – und wie kann sich das alles in Zukunft wirtschaftlich rechnen? Zumal immer mehr Menschen lieber in ihrer eigenen Wirklichkeits-Bubble baden, statt sich mit kritischem Journalismus zu konfrontieren. Dazu kommen die rasanten Entwicklungen der Digitalisierung und die Möglichkeiten, die KI-basierte Programme bieten. Hier erwächst neue, noch völlig unberechenbare Konkurrenz.

Vor dem Hintergrund dieser komplexen Problemlage muss man auch den jüngsten Schritt der Verleger sehen. Diese wollen, auf Sicht, den Journalisten-Kollektivvertrag aufkündigen. Die Begründung: die Summe der Herausforderungen für die Branche. Über die Art und Weise, wie die Journalisten-Gewerkschaft als Sozialpartnerin hier überrascht wurde, muss man diskutieren – und darüber, dass der Journalisten-KV nicht nur Gehaltsthemen abhandelt, sondern auch die journalistische Unabhängigkeit und das Bekenntnis zu ethischen Grundsätzen enthält. Beides muss unverhandelbar bleiben.

Politik reagiert unzureichend

Wie immer dieser Konflikt gelöst wird: Er zeigt, dass "beide Seiten mit dem Rücken zur Wand stehen", wie Medienforscher Andy Kaltenbrunner Mittwoch im Ö1-Morgenjournal sagte. Die Politik reagiert auf die Tatsache, dass Google und Co privaten Medienunternehmen nicht nur die Butter, sondern auch immer mehr das Brot abspenstig machen, zögerlich und unzureichend. Die Parteien kennen das Problem, sprechen es aber nur vage an.

Dafür tummelt man sich auf Nebenschauplätzen: Bundeskanzler Karl Nehammer herrscht ausgerechnet bei seiner Feelgood-Kampagne "Glaub an Österreich" einen ORF-Journalisten wegen einer kritischen Frage an; SPÖ-Chef Andreas Babler verbittet sich auf Instagram kritische Fragen zur Finanzierbarkeit seiner Ideen; FPÖ-Obmann Herbert Kickl will nicht im "linken" Privat-TV Puls 24 auftreten. Was Kickl medienpolitisch vorhat, lässt sich düster erahnen – wenn man sich etwa seine Begeisterung für Viktor Orbáns "illiberale Demokratie" vor Augen führt.

Eine aktuelle europaweite Untersuchung zeigt, dass ein gutes Drittel der Europäerinnen und Europäer bereit ist, Parteien mit extremen Positionen zu wählen. Nichts weniger als die liberale Demokratie europäischen Zuschnitts, mit den Werten der Aufklärung, steht auf dem Spiel. Ohne starken, unabhängigen Journalismus wird es nicht gelingen, sie zu bewahren. Österreich braucht eine Medienpolitik, die sich diesem Grundgedanken verschreibt. Mit Weiterwursteln wie bisher ist es nicht getan. (Petra Stuiber, 27.9.2023)