Eine Kriegerin schlägt mit einem gewaltigen Schwert auf einen feuerspeienden Drachen ein. Sie kämpfen in einer Großstadt. Ein anderer Krieger springt mit gezücktem Schwert von einem Hausdach.
In den Marketingunterlagen sieht "Monster Hunter Now" deutlich eindrucksvoller aus, als das Spiel tatsächlich ist.
Niantic

In den "Monster Hunter"-Spielen des Publishers Capcom jagt man große Monster. In den "Pokémon"-Spielen jagt man kleine Monster. Und bei Niantics "Pokémon Go" macht man ebendies seit 2016 mit dem Smartphone. Das Spielkonzept des Handy-Games ist bekannt: Die reale Welt wird auf einer virtuellen Karte dargestellt, auf der Pokémon platziert werden, die man mit Pokébällen einfängt. Und weil dieses Konzept die Menschen auch sieben Jahre später noch immer auf die Straßen lockt, haben Capcom und Niantic eins und eins zusammengezählt, um die Welt der spielerisch eher komplexen "Monster Hunter"-Spiele mit "Monster Hunter Now" in das eher simple Gameplay der Mobile Games zu übertragen.

Gestartet ist "Monster Hunter Now" vor knapp einem Monat, am 14. September, und zu diesem Zeitpunkt gab es bereits drei Millionen Vorregistrierungen. Am 21. September betonte Niantic, dass das Spiel bereits fünf Millionen Mal heruntergeladen wurde. Zum Vergleich: "Pokémon Go" hatte mit 7,5 Millionen Downloads am ersten Tag alleine in den USA zwar einen deutlich besseren Start. Das ebenfalls von Niantic vertriebene "Harry Potter: Wizards Unite" wurde in den USA zum Start zwar nur 400.000-mal heruntergeladen, kam eine Woche nach dem Launch aber weltweit immerhin auf 6,5 Millionen Installationen. Wobei betont werden muss, dass das "Harry Potter"-Franchise einen deutlich höheren Bekanntheitswert hat als jenes von "Monster Hunter". Inzwischen wurde das "Harry Potter"-Spiel wieder eingestellt.

Wie spielt sich "Monster Hunter Now"?

Der STANDARD hat sich jenen fünf Millionen Menschen angeschlossen und "Monster Hunter Now" ebenfalls auf einem Android-Smartphone installiert, um sich ein Bild von Setting und Gameplay zu machen. Mit gutem Gewissen kann dabei gesagt werden: Wer sich die Komplexität eines vollwertigen "Monster Hunter"-Spiels erwartet, wird rasch unterfordert sein. Stattdessen folgt die Capcom-Kooperation den Schemata bisheriger Niantic-Spiele.

So findet man auch hier eine virtuelle Landkarte, über die sich der eigene Avatar bewegt, indem die Spielerin oder der Spieler durch reale Straßen und Gassen spaziert. Immer wieder tauchen Monster auf, die besiegt werden wollen. In diesem Fall werden keine Pokébälle geworfen, sondern es wird mit Schwertern und Messern auf die Ungetüme eingedroschen. Die größeren von ihnen können Gegenangriffe starten, denen man durch Wischen nach links oder rechts ausweicht. Wer will, der kann die großen Monster auch gemeinsam mit Freunden erledigen – sofern man Freunde hat, die das Spiel spielen, was im Testzeitraum nicht der Fall war. Auch die Suche nach fremden Mitspielern in der Nähe verlief erfolglos.

Get ready to hunt monsters in the real world in Monster Hunter Now! #MHNow
Monster Hunter Now

Und es gibt auch wieder Hotspots – wie bei "Ingress" die Portale und bei "Pokémon Go" die Pokestops –, bei denen Gegenstände eingesammelt werden können. Diese Gegenstände werden benötigt, um Waffen und Rüstungen zu schmieden oder aufzuwerten. Hat man das Spiel nicht geöffnet, so werden diese Gegenstände von einer sprechenden Katze eingesammelt, die den Spieler begleitet.

Die Katze kann außerdem unterwegs Monster speichern – "markieren" –, die man innerhalb eines begrenzten Zeitraums auch zu Hause vom Sofa aus erlegen kann. Im Level steigt man auf, indem man Aufgaben erledigt, die typisches Grinding-Gameplay sind: "Erledige 3 Monster", "Erledige ein großes Monster", "Sammle fünf Gegenstände". Auch Medaillen kann man wieder gewinnen, indem man gewisse Strecken zurücklegt, Hotspots besucht oder Monster erlegt.

Wie "Monster Hunter Now" Geld verdient

Grinding ist das eine Spielelement, das "Monster Hunter Now" von anderen Niantic-Spielen übernommen hat, ein anderes – damit verwandtes – Element ist jenes der Monetarisierung. So gibt es wieder einen Ingame-Shop, in dem man für echtes Geld Objekte kaufen kann, durch die man die Aufgaben leichter erledigt und somit schneller die Levelleiter hochklettert. Im Test haben wir es bis ins elfte Level geschafft, ohne einen einzigen Cent auszugeben, aber diese Geduld haben freilich nicht alle Menschen.

Natürlich gibt es auch wieder Belohnungen, wenn man das Spiel täglich mindestens einmal startet. Wer Benachrichtigungen aktiviert, wird von der sprechenden Katze regelmäßig daran erinnert, das Geschenk abzuholen. So hält man als Entwickler die Menschen bei der Stange. So wie bei "Pokémon Go" gibt es auch bei "Monster Hunter Now" spezielle Events, bei denen sich das Spiel für kurze Zeit leicht verändert, indem etwa andere Monster auftauchen. Von 25. bis 31. Oktober bekommen Karte, Ausrüstung und eine ausgewählte Monster-Art etwa einen Halloween-Stil verpasst.

Das alles ist nicht sonderlich neu, es ist altbekannt – und die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Spiel- und Monetarisierungsmechaniken funktionieren. Es stellt sich bloß wieder die Frage, die es bei jedem Niantic-Spiel nach 2016 gab: Warum sollten Fans ein an "Pokémon Go" angelehntes Spiel spielen, wenn "Pokémon Go" dieses Bedürfnis bereits ausreichend bedient? (Stefan Mey, 7.10.2023)