Jetzt ist es auch schon wieder eine Woche her, und Andreas Mölzer ist noch immer nicht aus der FPÖ ausgeschlossen. Dabei hatte DER STANDARD behauptet: Blaue Taliban-Mission zwingt Kickl zum Handeln. Der kehrt zwar den harten Familienvater seiner Truppe hervor, aber bei einem Kolumnisten der "Kronen Zeitung" tut sich ein Kickl lieber keinen Zwang an. Einen solchen der unglaublichen Dummheit in Reiseangelegenheiten zu beschuldigen war schon unvorsichtig genug, ihn einen Polit-Pensionisten zu nennen erst recht, musste er doch eines Interviews gewärtig sein, das Conny Bischofberger mit dem Kolumnisten verlässlich abspulen würde, wobei im Titel Warum hofieren Sie die Taliban, Herr Mölzer? Herr Mölzer in roter Schrift auf die Leser herniederleuchtete. Die "Krone" weiß eben, was sie ihren Beiträgern schuldig ist.

Andreas Mölzer
Andreas Mölzer zu Besuch beim Taliban-Regime in Afghanistan.
TOLOnews

Das Interview mit Mölzer fand sieben Stunden nach seiner Ankunft aus Afghanistan statt, nicht verwunderlich, dass er eingestand, noch ein wenig erschöpft zu sein. Alte weiße Männer, Sie wissen eh, was aber nicht heißt, dass er sich als Polit-Pensionist angesprochen fühlte. Für Kickls Andeutung eines Parteiausschlusses hatte er nur Ironie übrig. Also, das nehme ich nicht so ernst. Das wollte schon Norbert Steger, das wollte Jörg Haider und sogar kurz der Heinz-Christian Strache, führte er Beispiele seiner politischen Langlebigkeit in der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft an. Was er dezent andeutete, war: Auch Kickl hat ein Ablaufdatum, dessen Bestehen auf Autorität sieht Mölzer eher als Überreaktion des Parteiobmannes. Schließlich ist Überreaktion der fixe Bestandteil seines politischen Auftretens.

Identitäre unterm Turban

Von den Taliban hat Mölzer nur Erfreuliches zu berichten. Sie sind so etwas wie Identitäre unterm Turban. Die Taliban haben dazugelernt und bemühen sich, Sicherheit herzustellen. Ich habe bei dieser Reise mindestens 100 Kalaschnikows gesehen. So weit haben es die hiesigen Taliban noch nicht gebracht, obwohl sie sich auch bemühen. Der Außenminister kann übrigens kein Wort Englisch. Aber der Stab, den er hat, das sind toll ausgebildete Vollprofis. Auch sonst läuft dort alles gut. In Bamiyan, wo sie vor zwanzig Jahren die Buddha-Köpfe gesprengt haben, versuchen sie jetzt, diese wiederaufzubauen, was sehr schwierig sein wird bei einer Höhe von 120 Metern.

Auch mit den Frauen ist es nicht einfach. Dass die Frauen von den Universitäten ausgeschlossen sind, sehen die Taliban selber kritisch. Wenn nur die Stammesführer nicht wären, die sind das Problem. Wenn du am Land über Frauenrechte sprechen willst, sind die völlig verständnislos. Die kämpfen ums nackte Überleben, und nicht darum, ob Frauen studieren können.

"Abgesang" auf Deutschland

Kann Mölzer von den Taliban nichts Schlechtes sagen, so weiß er umso Schlechteres von Deutschland. In der dieswöchigen Nummer von "Zur Zeit", in der man von ihm einen Reisebericht vomHindukuscherwartet hätte, fabrizierte er stattdessen einen Abgesang auf die Bundesrepublik. Es war auch höchste Zeit. Nicht nur die Massenmigration der letzten Jahre und Jahrzehnte hat Deutschland grundlegend verändert. Nein, auch die politische und ideologische Traumatisierung der Deutschen hat in der Nachfolge des Pflichtantifaschismus der Nachkriegsjahre nunmehr durch die Mechanismen der political correctness zu einer fatalen Veränderung des Denkens und des öffentlichen Diskurses geführt. Er meint aber nicht etwa Alice Weidl und ihren Verein. Nein, aus dem Volk der Dichter und Denker ist eine Population der Konformisten und Heuchler geworden.

Am deutlichsten spürt Mölzer das bei der Welt größtem Brauchtumsfest. Statt echten Brauchtums nur noch Kommerz und Geschäftemacherei, wobei das Publikum längst international multikulturell und multiethnisch ist, wie die Bevölkerung insgesamt in Deutschland.

Trost bei Juden

Kein Wunder, dass gerade der deutschnationale Österreicher in diesen Tagen Trost bei Juden sucht und bei dem Gedanken "Denke ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht". Und wenn es ganz schlimm kommt, denkt man an Afghanistan.

Erst vor kurzem sah man den international operierenden Medienmanager Karl Habsburg-Lothringen in Deutschland auf einer feierlichen Adelshochzeit. Kurz darauf wurde der operierende Medienmanager selber operiert, meldete die "Krone" mit Kaiserenkel auf dem Cover.Keine Angst, es ist alles gut gegangen. Und wer bisher nicht zur Vorsorge ging – aus allerhöchstem Munde muss es wahr sein: "Früherkennung rettet Leben." (Günter Traxler, 8.10.2023)