Caroline Ellison, ehemalige Geschäftsführerin von Alameda Research
Caroline Ellison ist Hauptzeugin im Prozess gegen FTX-Gründer Sam Bankman-Fried. Sollte er verurteilt werden, könnte er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.
AP/Eduardo Munoz Alvarez

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Caroline Ellison als Finanzgenie in der Kryptowelt galt. In einem Interview über ihre Tätigkeit bei der damals zehn Milliarden Dollar schweren Alameda Research scherzte sie, dass sie eigentlich nur Volksschulmathematik benutze. Die Tradingfirma, die eng in Verbindung mit dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX steht, gibt es mittlerweile nicht mehr. Jetzt tritt die 28-Jährige als Kronzeugin im Betrugsprozess gegen FTX-Gründer Sam Bankman-Fried auf – und könnte das Zünglein an der Waage sein, das über sein Schicksal entscheidet.

Zufällig Traderin

Ein Talent für Zahlen wurde Ellison offenbar in die Wiege gelegt. Im Alter von acht Jahren soll sie schon eine Studie zu Preisen von Kuscheltieren verfasst haben. Als Teenagerin attestierte die Highschool dem bekennenden Harry-Potter-Fan eine mathematische Hochbegabung. Schlau und fokussiert sei sie gewesen, wissen Ellisons ehemalige Lehrer zu berichten.

Es war daher nur logische Konsequenz, dass Ellison Mathematik an der Eliteuniversität Stanford studierte. Dass die Tochter zweier Wirtschaftswissenschafter nach ihrem Bachelor mit nur 19 Jahren eine Karriere als Traderin begann, war hingegen Zufall: Eigenen Angaben zufolge wusste sie damals nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Bei ihrem ersten Arbeitgeber lernte sie auch Sam Bankman-Fried kennen. Die beiden wurden nicht nur ein Paar, er machte sie 2018 auch zum Co-CEO von Alameda Research – ein Posten, den sie 2022 kurz vor dem FTX-Crash ganz allein ausüben sollte.

Düstere Einblicke

Zu diesem Zeitpunkt dürfte aber längst keine Rede mehr von einem Dreamteam gewesen sein. Im Laufe der dreitägigen Zeugenaussage vor Gericht zeichnete Ellison ein düsteres Bild von ihrem Ex-Freund und ehemaligen Chef. Ellisons akribische Aussage – sie führte die Geschworenen durch Kalkulationstabellen, interne Dokumente und private Signal-Chats – dokumentiert eine jahrelange kriminelle Verschwörung des einstigen Krypto-Wunderwuzzis.

Die zierliche Frau mit der großen Brille beschrieb, wie sie immer weiter in diese Verschwörung hineingezogen und von der Angst erdrückt wurde, was passieren würde, wenn sich Bankman-Frieds Imperium als Kartenhaus entpuppte. Ihre Stimme brach nur gelegentlich, als sie die Erleichterung beschrieb, die sie empfand, als FTX zusammenbrach und sie "nicht mehr lügen musste". Bleibt zu hoffen, dass sie mittlerweile weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. (Benjamin Brandtner, 13.10.2023)