Ein deutsches Zweierbobteam beim Anlauf, die Fahrerin steigt gerade in den Bob.
Olympiasiegerin Laura Nolte ist aufgebracht.
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Laura Nolte macht sich Luft. "Ein trauriger Tag für unseren Sport", schreibt die deutsche Olympiasiegerin in den sozialen Medien. 2022 gewann sie in Peking Gold im Zweierbob, 2026 wird sie im Exil um die Medaillen fahren. Die Wettkämpfe im Eiskanal bei den Winterspielen von Mailand und Cortina d’Ampezzo werden nicht in Italien stattfinden. Das gab Organisationschef Giovanni Malago am Montag auf der Versammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Mumbai bekannt. "Während alle anderen Sportler und Sportlerinnen in Italien um die Medaillen kämpfen werden, hocken wir dann in einem ganz anderen Land und machen unser Ding. Mir fehlen die Worte", sagt Nolte. Und viele Aktive pflichten ihr bei. Sie fühlen sich von der großen Party ausgeschlossen.

Katrin Beierl ist Österreichs erfolgreichste Bobfahrerin. Sie hat 2021 den Gesamtweltcup im Zweierbob gewonnen und war bereits 2018 und 2022 bei den Spielen. Die Niederösterreicherin sieht die Situation im Gespräch mit dem STANDARD relativ entspannt. "Natürlich macht es auch den Reiz der Olympischen Spiele aus, mit all den Sportlern und Sportlerinnen aus aller Welt gemeinsam im olympischen Dorf zu wohnen. Insofern verstehe ich die Reaktionen meiner Kolleginnen. Aber für mich ist das momentan nur ein Rauschen im Hintergrund. Ich habe auf die Entscheidung keinen Einfluss und werde es nehmen, wie es kommt." Beierl hat 2022 einen Schlaganfall überstanden, die 30-Jährige ist nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen. Ihr Ziel bleibt die dritte Olympia-Teilnahme, wo auch immer es in drei Jahren zur Sache geht.

Novum in Olympiageschichte

Erstmals in der 102-jährigen Geschichte der Winterspiele finden Wettbewerbe also außerhalb des Gastgeberlandes statt. Das hat sich angekündigt, war aber so nicht geplant. Ursprünglich sollte die im März 2023 abgerissenen Pista olimpica Eugenio Monti neu aufgebaut werden. Doch bei der öffentlichen Ausschreibung für die Vergabe gingen keine Angebote ein. Kein Unternehmen sah sich angesichts der gestiegenen Energie- und Materialkosten in der Lage, eine rentable Anlage zu errichten. Dort, wo einst Roger Moore als James Bond in tödlicher Mission durch den Kanal rauschte, wird es keinen Bob-, Rodel- und Skeletonsport mehr geben. Umweltschützer atmen auf. Die Cesana Pariol, errichtet für die Winterspiele 2006 in Turin, rottet langsam vor sich hin und dient als abschreckendes Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit.

Am 14. Februar 1976 fuhr der Bob DDR I in Innsbruck-Igls zu olympischem Gold. 2026 könnten die Spiele bereits zum dritten Mal im Tiroler Eiskanal stattfinden.
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Wohin geht also die Reise? Spoiler: nach Innsbruck. Aber der Reihe nach. Am Dienstag brachte sich unerwartet das Deutsche Oberhof ins Gespräch. Vermutlich ein Werbegag. Der Kanal wird als reine Rodelbahn genutzt. Man bräuchte also noch eine weitere Bahn für Bob und Skeleton. Unvorstellbar, dass man die Bewerbe noch weiter verstreuen will. Ernster ist da schon La Plagne zu nehmen. Hier wurden die Winterspiele 1992 ausgetragen, damals gewann der Österreicher Ingo Appelt Gold im Viererbob. Im Dezember macht der Weltcup erstmals seit 2020 wieder in Frankreich Station. Was gegen den Austragungsort spricht? 500 Kilometer Luftlinie nach Cortina. Das ist gar sehr weitab vom Schuss. Bleibt noch St. Moritz in der Schweiz. Eine Natureisbahn, die bei warmen Temperaturen bricht und kaum alle zwölf Bewerbe durchstehen kann. Unter dem Strich wohl zu riskant.

Innsbruck in Poleposition

Innsbruck-Igls steht zweifellos in der Poleposition. "Das sehe ich auch so", sagt Matthias Schipflinger, Geschäftsführer von Kanalbetreiber Olympiaworld Innsbruck, im Gespräch mit dem STANDARD. "Wir sind weltcuperprobt, in der Abwicklung erfahren, und die Nähe zu Cortina spricht ohnehin für uns." Die Anpassungsarbeiten, die ungeachtet der Winterspiele vonnöten sind, belaufen sich auf 28 Millionen Euro. Ein Neubau in Cortina hätte mindestens 120 Millionen Euro verschlungen. Mit dem Umbau soll die Bahn auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Zudem benötigt der nicht mehr den Vorschriften entsprechende Auslauf eine Adaptierung. Dann ist Innsbruck nach 1964 und 1976 zum dritten Mal fit für Olympia. Schipflinger denkt über die Spiele hinaus: "Wir wollen Leistungszentrum für die Alpe-Adria-Region sein. Auch das bieten wir Italien an, Nutzung der Bahn inklusive Mitspracherecht."

Und wie will man in Innsbruck, 100 Kilometer von Cortina entfernt, für olympisches Flair sorgen? "Wir sind ja nicht Veranstalter", sagt Schipflinger, "aber natürlich ist es denkbar, kommunale Wohnbauten zu einem kleinen olympischen Dorf zu machen. Wir hoffen, dass bald eine definitive Entscheidung fällt. Dann bringen wir in Innsbruck alles auf Schiene. Dann werden sich bei uns bestimmt alle wohlfühlen." (Philip Bauer, 18.10.2023)