Martin Polaschek will Lehrende in der Diskussion um den Nahostkonflikt unterstützen und gegen Extremismus an den Schulen vorgehen.
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Es sei ein Konflikt, der auch für Lehrerinnen und Lehrer komplex ist: Der terroristische Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel und der daraus entstandene Krieg beschäftige auch die Schulen in Österreich. Es gebe vermehrt Diskussionen in den Klassenzimmern über dieses Thema, erklärte am Donnerstag Bildungsminister Martin Polaschek. Klar sei für ihn: "An unseren Schulen ist kein Platz für extremistisches Gedankengut oder Hamas-Unterstützung." Trotz der heiklen Situation, vor der nun die Pädagoginnen und Pädagogen in allen Schulstufen stünden, seien sie gut für die inhaltliche Auseinandersetzung gewappnet.

Aufgegriffen werde das Thema in allen Unterrichtsfächern. Besonders in den Gegenständen Politische Bildung, Deutsch und Geschichte würden die Lehrkräfte das Thema behandeln. Entsprechende Materialien zu der Thematik gebe es zwar schon seit geraumer Zeit, nun habe das Bildungsministerium sie jedoch um weiterführende Informationen und Unterlagen ergänzt und auf der Website erinnern.at zusammengetragen. Auch in der Eduthek würden Materialien gesammelt, die Lehrende bei der Vermittlung dieses schwierigen Themas unterstützen sollen. Aber nicht nur der Bund mischt in der Thematik mit. Auch der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) hatte zuletzt angekündigt, Schulen mit Infomaterial zum Nahostkonflikt auszustatten.

Viele Fragen in der Klasse

Dass der Nahostkonflikt in den Schulen Thema ist, bestätigte auch der Bildungswissenschafter René Bachmayer, der am Gymnasium Purkersdorf Geschichte, Politische Bildung und Deutsch unterrichtet. An der Uni Wien und der PH Wien ist er zudem in der Ausbildung künftiger Pädagoginnen und Pädagogen tätig. Er sei zuletzt immer stärker mit Fragen der Kinder und Jugendlichen konfrontiert gewesen. Je nach Alter würden sich diese stark unterscheiden. So hätten die Jüngeren sehr wenig Vorwissen und würden sich vor allem fragen, worum es in dem Krieg gehe. Die Älteren wiederum hätten sich schon näher damit beschäftigt und würden genauere Informationen wollen – etwa wer die Hamas ist oder welche Rolle der Iran spiele.

Bachmayer empfindet die Diskussion in der Schule jedenfalls als notwenig. Wichtig sei aber, zu unterscheiden, was eine berechtigte Frage sei und wo die Linie zum Antisemitismus und Extremismus überschritten werde.

Für Bachmayer sei bei älteren Jugendlichen vor allem die Medienbildung essenziell. Denn sie würden sich zum Großteil über Tiktok und andere soziale Medien informieren. Ihnen müsse man klarmachen, was Fake News und was vertrauenswürdige Quellen seien – etwa die Accounts der ORF-Nachrichtensendungen.

Zusammenarbeit mit Behörden

Sollten extreme Aussagen, Gewalt und Antisemitismus in einer Schule auftreten, würden nicht nur der psychosoziale Dienst und Sozialarbeiter, sondern auch die Bildungsdirektionen sowie die Sicherheitsbehörden von der Direktion informiert, erklärte der Minister. Eine genaue Zahl, wie oft das zuletzt passiert sei, konnte und wollte Polaschek nicht bekanntgeben. Schließlich wolle man auch keine Gebiete oder Schulen negativ in den Fokus rücken. Aber: In den vergangenen Monaten habe man eine zunehmende Radikalisierung bemerkt.

Daher fördert das Ministerium seit 2022 auch Workshops zum Thema Extremismusprävention über die Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) an den Schulen. Bis Ende 2023 sollen rund 3.500 Workshops mit rund 85.000 Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden, heißt es aus dem Ministerium. Die Wiener FPÖ forderte in dem Kontext der Radikalisierung zuletzt eine "schärfere Gangart" gegen Kinder und Jugendliche mit islamistischen oder antisemitischen Tendenzen. Maximilian Kraus, Klubchef im Gemeinderat, will, dass Schulen die Kinder im Innenministerium melden und ihnen härtere Konsequenzen drohen.

Doch nicht nur Kinder und Jugendliche sollen dazulernen. Auch für Lehrende bietet das Ministerium Weiterbildungen an. Etwa über "humanitäres Völkerrecht" oder die Frage, wie man Jugendliche unterstützen kann, mit Terrorbildern umzugehen. Für Schülerinnen und Schüler, die von dem Krieg besonders belastet sind, gebe es psychosoziale Unterstützung, heißt es zudem diesbezüglich. Die Schulpsychologie, das betonte der Minister erneut, sei in der Vergangenheit bereits um 20 Prozent aufgestockt worden. (Oona Kroisleitner, 19.10.2023)