Dem ausgewanderten Sohn soll der Teufel ausgetrieben werden.
Dem ausgewanderten Sohn soll der Teufel ausgetrieben werden.
Viennale

Mit gequältem Ausdruck lässt sich Koffi zu Beginn seinen stattlichen Afro abrasieren. Adrett will er aussehen, wenn er mit seiner belgischen Freundin Alice für einen Familienbesuch in den Kongo reist. Dort angekommen, heißt es noch vor der Begrüßung: "Hättest du dir nicht wenigstens die Haare machen können?"

Der soziale Druck ist groß und beschränkt sich nicht auf Äußerlichkeiten: Koffis Mutter hält ihren Sohn seit der Kindheit für einen Hexer und nötigt ihn, exorzistische Rituale über sich ergehen zu lassen.

Fülle an Referenzen

Augure erzählt in fulminanten Bildern von der Entfremdung eines nach Europa Migrierten bei der Rückkehr nach Afrika. Regisseur Baloji, selbst als Kind aus dem Kongo nach Belgien ausgewandert, wurde bekannt mit der französischsprachigen Rapgruppe Starflam und einer erfolgreichen Solokarriere als Popkünstler. Seine Musik sowie die von ihm selbst inszenierten Videos kombinieren afrikanische Looks und Sounds mit Poptraditionen wie Funk oder Ragga.

PAN-Distribution

Diese Fülle an Referenzen entfaltet Baloji auch visuell in seinem Debütfilm, der kulturelle Spannungen unter anderem zwischen folkloristischen Gewändern und Straßengangs in pinken Tutus auslotet.

Aus der durchaus tiefgründigen Familiengeschichte bricht die Erzählung – typisch für einen Clip-Regisseur – immer wieder aus in einen musikalischen Bilderreigen, der neben der konservativ-religiösen auch andere Lebensrealitäten (queere, polyamouröse) im Kinshasa der Gegenwart sichtbar macht. Als Regisseur ist Baloji kein Hexer, aber eine Vision hat er allemal. (Jan-Philipp Kohlmann, 20.10.2023)