Salzburger Vogelweiderstraße in Schallmoos von oben
Die Mieten in der Stadt Salzburg sind seit 2018 um 18 Prozent gestiegen. Viele Menschen können sich das nicht mehr leisten.
Stefanie Ruep

Eine Frau mit zwei Kindern, die sich gerade von ihrem Mann getrennt hat und nicht mehr weiß, wie sie die hohe Miete für ihre Dreizimmerwohnung bezahlen soll. Oder die Pensionistin Monika Reichl, deren Miete seit 2021 um 239 Euro pro Monat gestiegen ist. 865 Euro Miete bezahle sie nach zwei Erhöhungen bei einer Pension von 1.338 Euro. Hinzu kommen die Teuerung bei den Lebensmitteln sowie die Heiz- und Stromkosten. "Es ist ein armseliges Dasein", sagt die Salzburgerin, die seit einem schweren Sturz auf einen Rollator und Hilfe im Haushalt angewiesen ist. Um ihre Haushaltshilfe zu bezahlen, reiche das Pflegegeld bei weitem nicht. Beide Frauen haben sich an die Sozialberatung der Caritas gewendet.

"Wohnen ist wie ein Seismograf, der zeigt, wie stark die Schere zwischen Arm und Reich auseinandergeht, aber auch ein Auslöser von Problemlagen", sagt der Salzburger Caritas-Direktor Johannes Dines. Denn schlechte Wohnverhältnisse würden auf das gesamte Leben übergreifen: "Wenn das Dach über dem Kopf zu viel vom ohnehin knappen Einkommen auffrisst, dann bleibt zum Leben wenig." 13 Prozent der Salzburgerinnen und Salzburger gelten als armutsgefährdet. Das sind 72.000 Menschen, davon 22.000 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren.

"Sie spüren die Teuerung am stärksten. Es ist sich vorher schon nicht ausgegangen, nun fehlt das Geld noch mehr", betont der Caritas-Direktor: 22 Prozent könnten sich unerwartete Ausgaben, wie etwa eine kaputte Waschmaschine oder eine Zahnspange, nicht mehr leisten. Gleichzeitig sind die Mieten in der Stadt Salzburg von 2018 auf 2022 um insgesamt 18 Prozent gestiegen. Die durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten liegt laut Mietervereinigung bereits bei 17,5 Euro pro Quadratmeter.

Das schlägt sich auch in der Zahl der Hilfesuchenden nieder: Bereits jetzt seien mehr Beratungen als im gesamten letzten Jahr durchgeführt worden, sagt Stefanie Brucker, Leiterin der Sozialberatung. Rund 12.000 Kontakte mit Menschen im Not seien in den ersten drei Quartalen zustande gekommen. Das ist eine Steigerung von 17 Prozent in der Sozialberatung im Vergleich zum Vorjahr. "Das drängendste Thema ist der Lebensunterhalt. Den Menschen bleibt nach der Deckung der Fixkosten nichts mehr zum Leben", sagt Brucker. Um Menschen zu helfen, die akut in Not sind und ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, ruft die Caritas in ihrer Inlandskampagne zu Spenden auf. Auch die Sozialberatung ist rein spendenfinanziert.

Reform von Sozialhilfe und Wohnbauförderung

Doch es dürfe nicht bei der Symptombekämpfung bleiben. Denn die Armut habe überwiegend strukturelle Ursachen, sagt Torsten Bichler, der Bereichsleiter für Soziale Arbeit, Beschäftigung und Solidarität. Die Caritas fordert daher die Bundes- und Landesregierung zu Maßnahmen auf, um die Wohnkosten zu senken. Allen voran brauche es seine Reform der Sozialhilfe, um von den unter Türkis-Blau eingeführten Höchstsätzen zu Mindeststandards zurückzukehren, erläutert Bichler. Denn nur mit Richtsätzen könne auf regionale Gegebenheiten wie die hohen Wohnkosten in Salzburg und Tirol eingegangen werden. Zudem könnte die Anhebung des Richtsatzes für die Ausgleichszulage von 1.110 auf 1.300 Euro pro Monat für Einzelpersonen die Armut in Österreich um bis zu einem Drittel reduzieren. Die Schwelle für Armutsgefährdung – 60 Prozent des Medianeinkommens – beträgt aktuell 1.392 Euro.

Die von der Bundesregierung beschlossene Mietpreisbremse habe in Salzburg kaum einen Effekt. Denn die Sätze auf Kategorie- und Richtwertmieten war in Salzburg bereits gedeckelt und betreffe nur wenige Wohnungen. Viel wichtiger sei eine Mietpreisbremse für den freien Wohnungsmarkt, sagt Bichler. Ebenfalls rasch umzusetzen wäre die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, die 2008 im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen abgeschafft wurde. "Die Mittel werden nicht für die Schaffung von leistbarem Wohnraum eingesetzt", kritisiert der Caritas-Bereichsleiter. Er plädiert für einen bundesweiten Aktionsplan für leistbares Wohnen gemeinsam mit den Ländern, um die Wohnungsnot zu lindern. (Stefanie Ruep, 23.10.2023)