Li Shangfu in Armeeuniform.
Li Shangfu ist nicht mehr chinesischer Verteidigungsminister.
AFP/ROSLAN RAHMAN

Es spricht nicht für Xi Jinpings Vertrauen in seine eigene Führungsriege: Anfang dieser Woche wurde nun schon der zweite Minister in einer wichtigen Position innerhalb von drei Monaten seines Amtes erhoben. Verteidigungsminister Li Shangfu war schon vor zwei Monaten unter ungeklärten Umständen "verschwunden". Das letzte Mal wurde er am 29. August auf einer China-Afrika-Konferenz gesehen. Davor war er auf Staatsbesuch in Russland und Belarus.

Diese Art der Absenz hat bei Xi mittlerweile gewisse Methode: Den Anfang machte vor drei Jahren Alibaba-Gründer Jack Ma. Ebenso ist es dem Ex-Außenminister Qin Gang widerfahren. Qin wurde eine Affäre samt Kind in seiner Zeit als Botschafter in den USA nachgesagt – offensichtlich ein hinreichender Grund für seine Entlassung. Bei Li sind es Korruptionsvorwürfe. Zumindest lauten so die Vermutungen. Offizielle Gründe wurden nicht genannt.

Wie der Staatssender CCTV am Dienstag meldete, wurden darüber hinaus auch der Wissenschafts- und Technologieminister Wang Zhigang sowie Finanzminister Liu Kun entlassen. Für sie wurden mit den jeweiligen derzeitigen Parteisekretären für die Ressorts jedoch bereits Nachfolger präsentiert. Lan Foan wurde demnach Chef des Finanzressorts und Yin Hejun Minister für Wissenschaft und Technologie.

"Null Toleranz"

Die Gründe für Lis Verschwinden (und das zweier weiterer Generäle) könnten in seiner Zeit als Chef der Waffenbeschaffungs-Kommission liegen. Von 2017 bis 2022 hatte der heute 65-Jährige den Kauf neuer Waffen beaufsichtigt und Aufträge an Unternehmen vergeben. Das legte zumindest im August die amerikanische Nachrichten-Agentur Reuters nahe, die sich dabei auf zehn anonyme Quellen berief. Im Juli dieses Jahres wiederum hatte die für die Ausschreibungsprozesse verantwortliche Abteilung bekanntgeben, dass man die Vorgänge bis zum Oktober 2017 prüfen wolle. Als Reporter nach dem Verbleib der anderen Generälen fragten, hieß es, man habe "null Toleranz für Korruption".

All dies wirft nicht unbedingt ein gutes Licht für das dritte Kabinett von Xi Jinping. Dieser hatte erst im März 2023 einige enge Vertraute zu Ministern befördert. Xi hatte 2013 seine Amtszeit mit einer breitangelegten "Anti-Korruptions-Kampagne" begonnen. Offiziell war das Ziel, Freunderlwirtschaft und Schmiergelder zu beenden. Der Kampagne fielen aber vor allem politische Gegner Xis zum Opfer. Für Beobachter aber bleibt die Kommunistische Partei eine "Blackbox". Zwar hat sie rund 90 Millionen Mitglieder. Über das innere Wirken des Apparats weiß aber kaum jemand etwas.

Lis Entlassung aber könnte noch einen weiteren Hintergrund haben. Li stand auf der Sanktionsliste der USA, weil er russische Kampfjets und Raketen für China gekauft hatte. China hatte bisher direkte Gespräche mit hochrangigen US-Militärs verweigert, solange die Sanktionen gegen Li fortbestünden. Unter Lis Nachfolger könnten sie wieder aufgenommen werden. (Philipp Mattheis aus Taipeh, red, 24.10.2023)