Sie sind rar geworden: Momente, in denen jemand sagt: Halt. Ich ändere meine Meinung. Ihr habt mich mit euren Argumenten überzeugt. Nicht nur, aber vor allem in der Politik sucht man solche Augenblicke der Einsicht meist vergeblich. Es ist deswegen zu begrüßen, dass Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hierfür den Gegenbeweis antritt: Nachdem er es bislang klar ablehnte, dass Schwangerschaftsabbrüche künftig in Landeskrankenhäusern durchgeführt werden, diesen Weg sogar als "extrem" bezeichnete, kommt nun doch genau das.

Haltung nicht geändert, Vorgehen schon

Wobei: Ein Gegenbeweis ist es nur so halb. Denn Wallner hat nicht gesagt, dass er sich geirrt habe. Er hält es persönlich auch nach wie vor für besser, dass Frauen für Abbrüche in eine eigene Arztpraxis müssten. Aber der Landeshauptmann hat schlussendlich eingesehen, dass sein Weg nicht funktioniert hätte. Gynäkologinnen haben klar gemacht, dass sie sich nicht vorstellen können, Abbrüche in einer niedergelassenen Praxis durchzuführen. Dass es in Vorarlberg gar kein Angebot für ungewollt Schwangere gebe, sei keine Option. Es sei deswegen Zeit, Verantwortung zu übernehmen.

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ist eigentlich strikt dagegen, dass Schwangerschaftsabbrüche im Spital durchgeführt werden. Nun musste er einsehen, dass es keine andere Option gibt.
APA/GEORG HOCHMUTH

Das ist – leider – nicht selbstverständlich. Wallner hätte genau so gut auf seine Position bestehen können. Er hätte wieder von den Abtreibungsgegnern erzählen können, die sich mit kleinen, weißen Särgen vor dem Spital versammeln. Er hätte den Bischof als prominenten Unterstützer anführen können. Er hätte den Ärztinnen und Ärzten die Verantwortung zuschieben können. Er hätte sagen können, dass es Optionen in der benachbarten Schweiz und in Süddeutschland gibt.

Dass Wallner sich anders entschieden hat, ist nicht nur eine wohltuende Ausnahme auf dem politischen Parkett. Es zeigt auch, dass kontinuierlicher Druck von Bürgerinnen und in dem Fall Ärztinnen etwas bewirken kann. Sehr spät, aber doch. (Lara Hagen, 25.10.2023)