Teheran – Eine 16-jährige Iranerin ist nach einer mutmaßlichen Konfrontation mit der berüchtigten Moralpolizei gestorben. Die Schülerin Armita Geravand starb am Samstag in einer Klinik in der Hauptstadt Teheran, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. Bereits vor rund einer Woche war die junge Frau für hirntot erklärt worden. Der Fall hatte weit über die iranischen Landesgrenzen für große Empörung gesorgt.

Die junge Frau soll Berichten von Menschenrechtlern zufolge vor rund einem Monat in einer U-Bahn von Sittenwächtern konfrontiert worden sein, weil sie kein Kopftuch trug. Staatsmedien dementierten Gewalt seitens der Moralpolizei. Geravand sei wegen niedrigen Blutdrucks gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen, lautete die offizielle Erklärung. Seit Wochen lag die 16-Jährige im Koma.

Frauen im Iran
Auch ein Jahr nach dem Tod von Jina Mahsa Amini tragen viele Frauen ihr Kopftuch lockerer oder gar nicht mehr.
EPA/ABEDIN TAHERKENAREH

Geravands Schicksal erinnert viele Iranerinnen und Iraner an den Fall der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die im Herbst 2022 von den Sittenwächtern wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden war. Amini fiel ins Koma und starb. Ihr Tod löste im vergangenen Jahr die schwersten Proteste seit Jahrzehnten aus. Seitdem ignorieren viele Frauen demonstrativ die Kopftuchpflicht.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich bestürzt. "Die Brutalität des Regimes hat ihre Zukunft geraubt", schrieb die Grünen-Politikerin am Samstagabend auf der Plattform X, früher Twitter. Garawand sei noch ein Kind gewesen, "ein ganzes Leben lag noch vor ihr". Baerbock betonte: "Die Zukunft Irans ist seine Jugend. Die Zukunft Irans sind seine Frauen. Ihren Drang nach Freiheit kann das Regime nicht unterdrücken."

Iran plant harte Strafen bei Verstoß gegen Kleidungsregeln

Die iranische Regierung reagierte auf die zahlreichen Kopftuchverstöße unter anderem mit einer Strafreform. Das neue Kopftuchgesetz, das noch nicht in Kraft getreten ist, sieht in seiner jüngsten Fassung harte Strafen bei Missachtung der islamischen Kleidungsregeln vor. Diese umfassen bei mehrfachen Verstößen Geldstrafen. In Extremfällen können bis zu 15 Jahre Haft und umgerechnet mehr als 5.000 Euro Strafe verhängt werden.

Die berüchtigten iranischen Sittenwächter sind immer wieder scharfer Kritik auch aus der Mitte der Gesellschaft ausgesetzt. Während der Protestwelle im Herbst 2022 verschwanden die Einheiten zunächst aus dem Straßenbild, ehe Mitte Juli die Rückkehr der Moralpolizei verkündet wurde. Die Kopftuchpflicht ist seit mehr als 40 Jahren Gesetz in dem Land mit inzwischen fast 90 Millionen Einwohnern. Die Pflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. (APA, 28.10.2023)