Windkraftanlagen gehören zu den Energieerzeugern, die der Natur am wenigsten schaden. Aber leider heißt "am wenigsten" nicht nicht. Das bekommt zum Beispiel der südafrikanische Geier zu spüren. Allein in der Ost-Kap-Provinz haben Naturschützer in den vergangenen fünf Jahren 27 tote Aasfresser gezählt, die von den Propellern eines Windkraftwerks getötet wurden: 24 Kap- und drei Weißrückengeier. Für die Tiere sind die Riesenpropeller gefährlich: Immerhin erreichen sie an ihren Rändern bis zu 300 km/h.

Der Kapgeier lebt gefährlicher, seitdem in Südafrika die Windkraft abgehoben hat.
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Noch ist die Zahl der Windparks am Kap der Guten Hoffnung mit 34 überschaubar. Doch angesichts des chronischen Strommangels und der ausgezeichneten Windverhältnisse wird ihnen am Kap eine glorreiche Zukunft vorausgesagt. Zum Leidwesen der Geier: Denn auch sie sind für ihre Marathonflüge auf schnelle Luftbewegungen angewiesen.

Flug zu den Jetströmen

Mit einer Spannweite von rund zweieinhalb Metern und einem Gewicht von bis zu zehn Kilo gehört ein Kapgeier nicht gerade zu den agilen Fliegern. Um in die von ihm bevorzugten Jetströme zu gelangen, muss er auf bis zu drei Kilometer Höhe steigen, was ihm nur mit starkem Aufwind gelingt. Dasselbe thermische Phänomen sucht man auch für Windparks zu nutzen, weshalb die Flugrouten der Geier gefährdet sind.

Naturschützer fordern deshalb nun, dass vor der Genehmigung neuer Windanlagen die Reisewege der Mammutvögel genauer studiert und landesweite "Risiko-Karten" entworfen werden – oder nach dem Vorbild der kenianischen Windfarm Kipeto gehandelt und Menschen auf Hochsitzen platziert werden. Sie schalten die Turbinen aus, wenn Vögel auf Don-Quixote-Mission sich nähern.

Die Windenergie-Vereinigung Sawea will aber ohnehin herausgefunden haben, dass die von Kohlekraftwerken ausgehende Gefahr 35-mal höher als die von Windanlagen ist – und jene von Vergiftungen durch den Menschen noch viel mehr. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 3.11.2023)