Immer öfter ziehen sich junge Menschen komplett zurück und haben nur noch über das Handy soziale Kontakte. Das Jugendamt ist bei Problemen auch Anlaufstelle.
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Es ist eine Anlaufstelle, die in vielen Köpfen nicht als solche abgespeichert ist: das Jugendamt. Doch in Salzburg ist mit dem Bivak seit mehr als 50 Jahren das Jugendamt gleichzeitig eine Beratungsstelle für Jugendliche mit niederschwelligem Zugang. Hier können Kids ab 14 Jahren bis hin zu jungen Erwachsenen bis 23 Jahren mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern reden. Sie müssen bei der Erstberatung nicht mal ihren Namen nennen und werden betreut, auch wenn sie Drogen nehmen oder andere Probleme haben.

"Wir begleiten die Jugendlichen, so wie sie sind. Auf keinen Fall mit dem erhobenen Zeigefinger", sagt der Leiter von Bivak, Pavo Janjic-Baumgartner. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter würden sich immer bemühen, das Vertrauen der Jugendlichen zu bekommen. Es gehe im Jugendamt nicht nur darum, zu kontrollieren, sondern die Personen sollen sich verstanden und angenommen fühlen.

Vertrauen als Prämisse

Gegründet wurde Bivak 1972 noch unter dem Namen Burschenberatungsstelle. Auch damals stand bereits der Aufbau einer von Vertrauen geprägten Beratungsstelle im Vordergrund. Die Idee sei es gewesen, auf Jugendliche anders zuzugehen, in Form von Beratungscafés, sagt Janjic-Baumgartner. Der moderne Ansatz war damals revolutionär und machte Bivak zu einer Vorreitereinrichtung. Ab 1982 wurden auch Mädchen beraten und ein Streetwork-Team eingesetzt. Die gefürchteten Großheime für Jugendliche, die nicht in der eigenen Familie bleiben konnten, wurden nach und nach geschlossen. Jugendliche und Kinder werden in seither kleinen Wohngemeinschaften mit hoher Betreuungskapazität untergebracht.

Bivak ist freilich nicht nur Anlaufstelle, sondern wird auch bei Gefährdungsmeldungen aktiv. Bei Jugendlichen sei man jedoch auf deren Zustimmung angewiesen, sagt der Bivak-Leiter. Man mache den Personen dann ein Angebot. "Wir haben Möglichkeiten, dich wo unterzubringen, aber du musst wollen", schildert Janjic-Baumgartner den Ablauf. Wenden sich Jugendliche im Beratungscafé an die Sozialarbeiter, weil sie es zu Hause nicht mehr aushalten, werde aber auch immer Kontakt mit den Eltern aufgenommen, um sie mit ins Boot zu holen. Dann werde die Situation in Ruhe besprochen. "Die Regel ist, dass die Eltern im Nachhinein zustimmen."

Problemauslöser Jugendphase

Auslöser für Probleme in der Familie sei oft schlicht der Eintritt in die Jugendphase, erläutert der Sozialarbeiter und Mediator: "Die Adoleszenz ist der Beginn der Entwicklung eines Erwachsenen und impliziert das Verlangen, sich von den Eltern zu lösen." Damit das gelingen könne, werden die Peers, also die Gleichaltrigen, wichtig. Jugendliche würden nur noch mit ihnen abhängen wollen, damit sie nichts versäumen und so nach und nach zu sich selbst finden. "Mit der Ablösung können viele Eltern nicht umgehen. Sie glauben, ihre Kinder bereiten ihren Absturz vor und sie werden nicht mehr geliebt. Daraus entstehen Konflikte", erklärt Janjic-Baumgartner.

In vielen Fällen müssten die Jugendlichen jedoch nicht aus der Familie genommen werden. "Wir versuchen, mit ambulanten Hilfen etwas zu bewegen", betont der Sozialarbeiter. Darunter falle etwa individuelle Betreuung durch Sozialpädagoginnen, Suchtberatung oder therapeutisch ambulante Betreuung.

Sozialer Rückzug

In den vergangenen Jahren habe sich vor allem der starke Rückzug von Jugendlichen zum Problem entwickelt. "Manche gehen auch nicht mehr in die Schule und leben ihre sozialen Kontakte nur noch im Netz aus", sagt der Sozialarbeiter. Auslöser seien oft soziale Ängste, die in der Schule oder am Arbeitsplatz verstärkt würden. Damit beginne ein Teufelskreis, weil die regulären Angebote zur Entwicklungsförderung als Bedrohung erlebt werden und Betroffene sich subjektiv gezwungen sehen, sich abzuwenden. "Dieser Teufelskreis kann nur durch professionelle Unterstützung wieder aufgelöst werden", sagt Janjic-Baumgartner. Die Beratungsstelle werde meist erst involviert, wenn alle anderen Stellen nicht mehr weiter wissen.

"Gäbe es das Bivak nicht, man müsste es erfinden", sagt Sozialstadträtin Andrea Brandner (SPÖ) über das Jugendamt für Jugendliche. "Bivak setzt dort an, wo die klassische Kinder- und Jugendhilfe aufhört." (Stefanie Ruep, 6.11.2023)