Andreas Babler
Konnte in seinen ersten Monaten als SPÖ-Chef nicht recht Fuß fassen: Andreas Babler.
APA/GEORG HOCHMUTH

Mit der SPÖ ist es so: Je intensiver man sich mit ihr befasst, desto aussichtsloser erscheint die Lage. Aus der fernen Vogelperspektive betrachtet, könnte es für Österreichs Sozialdemokraten kaum besser laufen. Die Bundesregierung, der sie nicht angehören, ist so unbeliebt wie keine zuvor. Viele Themen der Zeit – teures Leben, hohe Mieten, unsichere Krankenversorgung – sind ureigene Themen der SPÖ. Und dann hat die Partei nach einer Phase des Dahinsiechens auch noch einen neuen, ausdrucksstarken Chef, der Parteitagsreden halten kann wie kaum ein anderer Politiker in Österreich.

Wer etwas näher rückt, sieht: Andreas Babler konnte in seinen ersten Monaten als SPÖ-Chef nicht recht Fuß fassen. Die Umfragewerte blieben zuerst auf niedrigem Niveau stabil, zuletzt sind sie leicht angestiegen. Den Sommer hat Babler genutzt, um durchs Land zu touren und Funktionärinnen und Funktionäre von sich zu überzeugen. Eine breite Masse überzeugt er nicht. Man könnte freundlich argumentieren: vielleicht bloß "noch nicht". Bis zur kommenden Wahl ist immerhin noch etwas Zeit.

Auf dem roten Parteitag kommendes Wochenende will Babler ein paar inhaltliche Pflöcke einschlagen – mit neu aufgelegten altbekannten Forderungen der SPÖ und ein paar linkspopulistischen Knüllern wie "leistbares Leben in die Verfassung". Die Parteitagsanträge, in die er seine Idee der "Babler-SPÖ" gegossen hat, sind mit den Parteigranden grundsätzlich abgestimmt. Die SPÖ wird sich wohl darauf verständigen, dass die Partei für legale Fluchtrouten und eine Arbeitszeitverkürzung kämpft und SPÖ-Vorsitzende künftig durch die Mitglieder gewählt werden. Babler wird auf diesem Parteitag Duftnoten setzen.

Tiefe Wunden in der SPÖ

Wenn man noch näher heranrückt und die Nase gegen die Scheibe der Parteizentrale drückt, ist die Welt aber alles andere als rosig-rot. Laufend wird der SPÖ ausgerichtet, es mögen sich doch alle am Riemen reißen und zusammenraufen, Einigkeit demonstrieren und an einem Strang ziehen. Wer die SPÖ beobachtet und mit Beteiligten spricht, kann jedoch zu keinem anderen Schluss kommen als: Das wird nicht passieren. Babler kann die SPÖ gar nicht "einen" – zumindest nicht in absehbarer Zeit.

Die SPÖ ist in ihrem aktuellen Zustand kaum koordinierbar. Dafür sind die Wunden zu tief und zu frisch. Höchste Vertreter der Partei sind einander feindselig gestimmt und ja, es gibt auch viele inhaltliche Differenzen zwischen den diversen Flügeln, die sich in den vergangenen Monaten und Jahren gebildet haben. Das lässt sich nicht mehr so einfach kitten. Nicht mit gutem Willen – und schon gar nicht auf einem Parteitag, auf dem ein Linkskurs und neue Statuten besiegelt werden. Selbst wenn Babler mit großer Zustimmung als Vorsitzender bestätigt wird, ändert das wohl wenig.

Es wird weiter gemault und gestichelt werden in der SPÖ. Das hat sich so etabliert. Und Babler fehlt die parteiinterne Hausmacht. Zum Parteichef wurde er durch die Wiener SPÖ. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig will sich nun sogar aus den Bundesgremien der Partei zurückziehen. Die Symbolik ist klar: Babler soll das allein regeln.

Es gibt einen einzigen Grund, warum die SPÖ wieder zusammenrücken könnte: Indem die Partei einen fulminanten Wahlerfolg einfährt – und dadurch wieder gemeinsame Hoffnung keimt. Danach sieht es aktuell aber nicht aus. (Katharina Mittelstaedt, 7.11.2023)