Ein schnelles Klackern, ein kurzer Schlag, und schon brummt sie vor sich hin. Das Geräusch kennen viele Wienerinnen und Wiener, denn sie haben in ihrer Wohnung eine Gastherme. Noch. Denn die Stadt hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 das Heizen mit Gas abzudrehen.

Gastherme
Bis 2040 soll auch in Wiens letzter Gastherme die Flamme für immer erloschen sein.
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Was von Anfang an ein ambitioniertes Ziel war, ist kürzlich noch weiter in die Ferne gerückt. Denn das sogenannte EWG, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz der Regierung, auf das in der Branche sehnlichst gewartet wurde, hat der Sache einen ordentlichen Dämpfer versetzt. Statt einer Verpflichtung zum Umstieg auf erneuerbare Energien sieht es lediglich Anreize in Form von Förderungen vor – die noch dazu für die rund 500.000 Gasthermen, die noch in Wien hängen, kaum greifen.

"Wäre die Umstellung verpflichtend, hätten sich sicher einige aufgeregt, aber letztlich damit abgefunden", glaubt Energie-Experte Michael Cerveny von Urban Innovation Vienna. Dann würde in den Hausgemeinschaften nicht mehr über das Ob, sondern über das Wann und Wie des Gasausstiegs diskutiert. Eine Verpflichtung mit unterstützenden Förderungen wäre laut dem Experten der volkswirtschaftlich kostengünstigste Weg zur baldigen Klimaneutralität gewesen.

Wien bleibt dabei

Bisher hat die Stadt ihren Vorsatz für 2040 nicht widerrufen, auch wenn die Gestaltung des EWG auch für sie überraschend kam. Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky sprach von einem "bitteren Rückschlag für den Klimaschutz", und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (beide SPÖ) nannte es ein zahnloses Gesetz. Den Umstieg für bestehende Gasthermen verpflichtend zu machen liegt nicht im Kompetenzbereich der Länder – auch wenn die Stadt laut Insidern ihre Optionen derzeit prüft.

In der Theorie gäbe es für ein Haus, in dem in jeder Wohnung eine Therme hängt, mehrere Optionen, weg vom Gas zu kommen. Zunächst braucht es eine Zentralheizung. Die Wärme könnte vom Keller oder vom Dach in die einzelnen Wohnungen geleitet werden. Aber wo wird sie produziert?

In zentralen Lagen ist ein Fernwärmeanschluss eine Option. Allerdings wird diese schon jetzt oft nicht genutzt. Viele kritisieren hier ebenfalls die fehlende Verpflichtung, da dadurch für den künftigen, dringend nötigen Ausbau des Fernwärmenetzes die Planungssicherheit fehlt. Denn wozu ausbauen, wenn sich dann niemand anschließen lässt? Eine berechtigte Frage.

Lokale Netze sind eine weitere Option. Schon jetzt speisen Unternehmen wie Manner die Abwärme, die etwa bei der Waffelproduktion entsteht, in das Fernwärmenetz ein. Auf diese Weise könnten auch Nahwärmenetze funktionieren, die in jenen Grätzeln eine Option sind, die nicht im Netz der Fernwärme liegen, in denen der Wärmebedarf aber hoch ist, wie Cerveny erklärt. Das sind vor allem ältere, dichtbebaute Stadtviertel in den alten Ortskernen wie Hütteldorf oder größere Wohnhausanlagen außerhalb der Vorortelinie.

Wärme aus dem Kanal

Die Wärme könnte nicht nur von Industrieanlagen, sondern auch von Datenzentren oder sogar aus dem Kanal kommen. Mit Wärmepumpen werden die niedrigeren Temperaturen der Abwärme auf 70 bis 90 Grad erhöht, wie sie für das Wärmenetz gebraucht werden. Die Frage ist nur, wer das umsetzen soll. Denn durch die fehlende Verpflichtung zur Stilllegung von Gasheizungen ist es unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit eine hohe Anschlussrate erreicht werden kann. Doch nur so wäre ein solches Nahwärmenetz für die Betreiber wirtschaftlich.

Apropos Wärmepumpen: Sie sind überall dort eine Option, wo die Wärme aus infrastrukturellen Gründen für einzelne Häuser produziert werden muss. Wärmepumpen sind, vor allem in Kombination mit Photovoltaikanlagen, die den Strom dafür liefern, derzeit in aller Munde. Bisher werden sie jedoch vor allem in Einfamilienhäusern umgesetzt. In Wien wird immer wieder kritisiert, wie herausfordernd die Umsetzung ist. Es gebe zu wenig Beratung und zu viele bürokratische Hürden.

Hinzu kommen die an sich schon teuren Umbauarbeiten in mehrgeschoßigen Wohnbauten und die komplizierte Rechtslage: Will ein Wohnungseigentümer in einem Wohnhaus etwa auf Fernwärme oder erneuerbare Energieformen umsteigen, müssen alle anderen Eigentümer mit an Bord sein. Und auch Vermieter werden es schwer haben, einen Umbau des ganzen Hauses, den die Mieterinnen mittragen müssen, nun zu rechtfertigen, da der Umstieg nicht mehr verpflichtend ist.

Ob die geplante Energiewende in Wien bis 2040 klappen wird, steht also in den Sternen. Hoffnung gibt es. Und wer weiß, vielleicht wird die nächste Generation das Klackern der Therme nur mehr aus Erzählungen kennen. (Bernadette Redl, 20.11.2023)