Juraj Blanár (links), hier beim Handshake mit Alexander Schallenberg, ist erst seit Ende Oktober im Amt.
AUSSENMINISTERIUM/MICHAEL GRUBER

Der neue slowakische Außenminister Juraj Blanár hat am Mittwoch in Wien den Ruf seines Landes nach Friedensgesprächen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bekräftigt. Die Regierung des linksnationalen Premiers Robert Fico, die Ende Oktober angelobt wurde und erst am Dienstag das Vertrauen des Parlaments erhielt, hatte bereits zuvor einen Kurswechsel bei der Unterstützung für Kiew eingeleitet. Eine noch von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachte neue Lieferung von Waffen und Munition wurde vom Kabinett Fico wenige Tage nach Amtsantritt gestoppt.

"Auch die Slowakei sieht die russische Aggression gegen die Ukraine als Verletzung des internationalen Rechts", versicherte Blanár auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg. Sein Land wolle auch weiterhin humanitäre Hilfe für die Ukraine bereitstellen, aber keine Waffen mehr. "Der Krieg dauert nun seit über 600 Tagen an, und er führt zu keinem Ergebnis." Angesichts der festgefahrenen Fronten brauche es daher einen Waffenstillstand und in weiterer Folge Friedensgespräche. Die EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine unterstützt Blanár.

Wirtschaftliche Interessen

Auch Österreich liefert unter Hinweis auf seine Neutralität keine Waffen an Kiew. Die unterschiedlichen Standpunkte der beiden Länder wurden bei der Pressekonferenz dennoch deutlich. Die größte Bedrohung für Europa gehe derzeit von Russland aus, sagte Schallenberg. Es läge in der Hand von Kreml-Chef Wladimir Putin, den Krieg zu beenden. "Alle wollen Frieden", so Schallenberg: "Wenn Putin aufhört zu kämpfen, dann ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, dann ist die Ukraine am Ende. Und dann hätte die Slowakei vielleicht einen neuen Nachbarn."

In der Russland-Politik plädierte Schallenberg für weitere Geschlossenheit und Einigkeit in Europa. Blanár wiederum ließ die Unterstützung der Slowakei für ein eventuelles zwölftes Sanktionspaket der EU gegen Russland offen: Die Regierung in Bratislava sei bereit, darüber zu reden, werde aber ihre Bedingungen stellen. Neue Sanktionen dürften nicht im Widerspruch zu Interessen der Slowakei stehen, so Blanár. Insbesondere dürfe die Lieferung von radioaktiven Brennelementen nicht bedroht sein, sagte er mit Blick auf die slowakischen Kernkraftwerke.

Ungeliebte Grenzkontrollen

In der Frage der Migration nahmen beide Minister auch auf die derzeitigen österreichischen Kontrollen an der Grenze zur Slowakei Bezug. Österreich sei im europäischen Vergleich besonders stark betroffen und musste die vorübergehenden Kontrollen daher einführen, sagte Schallenberg und bedankte sich bei der Polizei für den dennoch reibungslosen Verkehr an der Grenze. Ähnlich äußerte sich auch Blanár: Die Grenzkontrollen würden den Verkehr nicht behindern. Allerdings sei die Reisefreiheit im Schengenraum für die Slowakei ein wichtiges Gut. Vor den demokratischen Revolutionen in Mittel- und Osteuropa des Jahres 1989 verlief auch zwischen Wien und Bratislava der Eiserne Vorhang, der Europa in zwei Teile trennte. Polen und Tschechien haben am Mittwoch ihre vorübergehenden Kontrollen an der Grenze zur Slowakei gegen irreguläre Einwanderung bis 3. Dezember verlängert.

Blanár äußerte sich in Wien auch zur Kritik am Umgang der neuen slowakischen Regierung mit kritischen Medien. Premier Fico hatte Anfang der Woche erklärt, die Kommunikation mit einer Tageszeitung, einem TV-Sender und zwei Online-Portalen einzustellen, da diese der Regierung feindselig gegenüberstehen würden. Die betroffenen Medien würden laut Blanár "nicht objektiv" berichten. Ihre Vertreterinnen und Vertreter könnten zudem zu Pressekonferenzen der Regierung kommen, bekämen allerdings keine Interviews. (Gerald Schubert, 22.11.2023)