Christina Huber von Neoom
Christina Huber verantwortet die Nachhaltigkeit im Energieunternehmen Neoom.
Jakob Barth

Das Thema Energie wird in den nächsten Jahren besonders heikel: Österreich will Klimaneutralität bis 2040 erreichen, und bereits 2030 soll der Strom zur Gänze aus erneuerbaren Quellen stammen. Dafür braucht es zahlreiche Expertinnen und Experten für neue Strom- und Energiesysteme, CO2-Bilanzen und Nachhaltigkeitsberichte. Eine davon ist Christina Huber. Die 29-jährige sorgt dafür, dass intern in ihrem Unternehmen wirklich alles nachhaltig und grün ist. Sie ist Chefin für Nachhaltigkeit bei Neoom, einem österreichischen Clean-Tech-Unternehmen, und verantwortlich dafür, den negativen Umwelteinfluss so klein wie möglich zu halten.

Neoom hat Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell gemacht. Die Firma bietet "Gesamtlösungen" für grüne Energie: Sie plant und errichtet Solarkraftwerke oder E-Ladestationen und vernetzt sie durch eine Software. Inzwischen beschäftigt das Start-up 300 Leute und ist in drei Ländern aktiv. Die 2021 eröffnete Ikea-Filiale am Westbahnhof in Wien hat bereits einen großen Stromspeicher von Neoom im Keller platziert, andere Kunden sind etwa Anbieter für E-Ladestationen oder Industriebetriebe, die möglichst viel aus ihren Photovoltaikanlagen selbst verwenden wollen.

Brücken bauen

Im Gespräch mit dem STANDARD erzählt Huber, wie sie die regulatorischen Entwicklungen in Bezug auf Klimaschutz aufbereitet und die Lieferkette intern genau beäugt:

"Ursprünglich komme ich aus der Betriebswirtschaft, bin dann aber durch mein persönliches Interesse und einen Nebenjob in die Technik gerutscht. Schon immer hatte ich ein großes Interesse an ökologischen und nachhaltigen Entwicklungen. Mir ist aber aufgefallen, es gibt eine große Lücke zwischen dem, was die Technik kann, und dem, was die Gesellschaft über sie weiß. Ich wollte also die Rolle der Brückenbauerin übernehmen – und habe ein interdisziplinäres Studium gefunden, das genau diese zwei Themen verbindet: Environmental Technology and International Affairs (Umwelttechnologien und Internationale Angelegenheiten, Anm.).

Später landete ich in einem Unternehmen, das Modelle für Projekte im Bereich erneuerbare Energien erstellt, und letztlich dann bei Neoom. Meine Rolle ist die einer Projektmanagerin, die den negativen ökologischen Fußabdruck im Unternehmen auf ein Minimum reduziert. Wie wir unser CO2 auf Unternehmensebene bilanzieren, mit unserer Lieferkette zusammenarbeiten und Daten erheben, liegt in meiner Verantwortung. Beispielsweise sehe ich mir an, wie hoch der ökologische Fußabdruck von unseren Hardwareprodukten ist. Und ich muss Leuten auch mal erklären, dass ich nicht die 'wahnsinnige grüne Lady' bin und nicht alles hyperökologisch sein muss, sondern dass nachhaltige Entwicklung auch ein Geschäftsmodell ist und sich damit auch mehr Geld verdienen lässt.

Gleichzeitig ist es so, dass sehr viel Anforderungen und Regulatorik durch den Green Deal der EU in Bezug auf grüne Energie auf uns zukommen. Auch die Berichterstattung zu Umweltbestreben wird Pflicht werden, und meine Aufgabe ist es, ein Konzept für unseren Nachhaltigkeitsreport zu entwickeln. Auch neue, strenge Regularien für Batterien, vor allem für jene mit Lithiumanteil, werden auf uns zukommen. Dazu passt ein Projekt sehr gut, das ich initiiert hatte: Zusammen mit einer Fachhochschule habe ich einen CO2-Fußabdruck für unsere Stromspeicher erhoben. Die Daten holten wir uns dafür von den Lieferanten.

Noch Aufholbedarf

Was viele nicht verstehen: Nachhaltigkeit ist ein datengetriebenes Thema, und häufig gibt es von den Geschäftspartnern noch keine Datenbasis. Es brauchte zuvor diese Transparenz nicht, weshalb viele nie ihre genauen Daten gespeichert haben. Bevor sie verpflichtend über ihre Nachhaltigkeit berichten müssen, sollten alle Unternehmen sich schon jetzt damit beschäftigen. Tritt die Pflicht in Kraft, kann es teuer werden, und viele Firmen werden blind fliegen. Eine Schwierigkeit für mich ist, dass das Sammeln der Emissionsdaten von Partnerunternehmen oft noch langsam läuft oder das Wissen in dem Bereich noch nicht so da ist.

Ich glaube, wenn man das Thema Environmental, Social und Governance (ESG) als ein visionäres Ziel für die Gesellschaft kommuniziert, ist es wesentlich spannender. Wer bei Energiewende nur über Hardware spricht, wird damit nur technikaffine Personen abholen. Besser ist es zu erklären, was die nachhaltige Entwicklung bringt: saubere Luft, Unabhängigkeit oder regionale Wertschöpfung – und nicht "nur" CO2-Einsparung. Es ist meiner Meinung nach wichtig zu kommunizieren, dass ein ESG-Bericht eine Zukunftsvision hat. Denn wer möchte nicht eine saubere Wirtschaft haben, die möglichst viele Jobs und Wertschöpfung bringt und alles transparent macht?" (Melanie Raidl, 1.12.2023)