Warfen die heimlich aufgenommenen Aussagen von Christian Pilnacek zunächst die Frage auf: "Hat Wolfgang Sobotka wirklich bei Pilnacek interveniert?", so wird nun immer öfter nachgefragt: "Hat das wirklich was genutzt?"

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein Rückblick ins Jahr 2020 auf Pilnaceks Schlussphase als Sektionschef im Justizministerium. Der damals von ihm forcierte Entwurf einer Gesetzesnovelle, durch die Hausdurchsuchungen bei Amtsträgern künftig angekündigt werden müssen, wurde gerade noch von der Justizministerin verhindert und hat somit der ÖVP nichts genutzt.

René Benko
Die Steuerzahlenden dürfen wohl mit der Hinterlassenschaft seiner Schulden rechnen: René Benko.
APA/HELMUT FOHRINGER

Vorankündigungen von Hausdurchsuchungen sollen laut der Korruptionsstaatsanwaltschaft Pilnacek an sich ein Anliegen gewesen sein. So vermutete die WKStA, dass er, gemeinsam mit dem ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter, Investor Michael Tojner eine Hausdurchsuchung verraten habe. Ob das wiederum Tojner wirklich genutzt hat, ist ebenfalls fraglich. Dieser Tage wurde bekannt, dass im Rahmen einer solchen Hausdurchsuchung bei Tojner ein Testamentsentwurf des Investors sichergestellt wurde, in dem er festhält, dass er unter anderem zwei Wohnbaugesellschaften seinen Erben vermachen möchte. Das Bemerkenswerte daran: Tojner hat bisher vehement abgestritten, dass diese beiden Wohnbaugesellschaften ihm gehören. Dazu merken die Ermittler gleichermaßen dezent wie scharfsichtig an: "Es entspricht nicht der Lebenserfahrung, dass Personen fremdes Vermögen in ihr Testament zur Verteilung an ihre Erben aufnehmen."

Das ist gut beobachtet. Es dürfte tatsächlich eher selten vorkommen, dass wohlmeinende Eltern ihren Kindern den Stephansdom hinterlassen oder einsam verstorbene Pensionisten dem Tierschutzverein den Großglockner vererben.

Vorweggenommene Erbfolge

Aber vielleicht ist das unter risikoaffinen Top-Investoren ja durchaus üblich? Wer weiß zum Beispiel, wem René Benko mittlerweile die Firma Signa vererbt hat? Vielleicht Alfred Gusenbauer? Oder Sebastian Kurz? Denkbar auch, dass beide schlau genug waren, auf vorweggenommene Erbfolge zu bestehen, und ihre stattlichen Erfolgsprämien von sieben Millionen Euro für Gusenbauer und 2,9 Millionen Euro für Kurz in Form eines Erbvorbezugs kassiert haben. Immerhin hätten sie dank ihrer politischen Kontakte für Benko zahlreiche Kredite ermöglicht und Investoren aufgestellt. Die beiden Ex-Kanzler ließen sich demnach ihre während ihrer Amtszeiten gefüllten Adressbücher üppig vergolden.

Je nachdem, ob man René Benkos Geschäftsmodell der mit stetig geringer werdendem Realitätsbezug aufgewerteten Immobilien mit einem Schneeballsystem, Piloten- oder Pyramidenspiel vergleichen möchte, lässt sich die jetzige Situation als Lawinenabgang, Flugzeugabsturz oder Pyramidenimplosion bezeichnen. Die Rollen von Gusenbauer und Kurz könnte man dann als "Schneebrett-Surfer", "Stewardessen mit Fallschirm" oder "Fluch der Mumien" beschreiben.

Wem Benko in seinem Testament was zugedacht hat, wissen wir natürlich nicht. Eines lässt sich aber jetzt schon mit Sicherheit sagen: Als vorweggenommene Erbfolge dürfen wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bald schon mit der Hinterlassenschaft von Benkos Schulden rechnen. (Florian Scheuba, 6.12.2023)