In der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft herrscht eine gewisse Unruhe, und der Grund ist neben dem soeben beschlossenen Mietendeckel auch der neue "Bundesrevisionsverband für gemeinnützige Bauvereinigungen". Dieser hat seine Arbeit aufgenommen, und das wird nicht nur im bisher einzigen Revisionsverband für Gemeinnützige, dem GBV-Revisionsverband, mit Argusaugen beobachtet. Auch in der FPÖ-Fraktion im Parlament herrscht Skepsis.

Eine Baustelle eines mehrstöckigen Wohnhauses, Bauarbeiter in gelben und orangen Westen im Vordergrund beim Fachsimpeln.
Im Segment der Gemeinnützigen in Österreich finden gerade ziemlich viele Diskussionen statt.
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Bautensprecher Philipp Schrangl hat drei Parlamentarische Anfragen zu dieser Causa eingebracht, sie richten sich allesamt an den für den gemeinnützigen Wohnbau zuständigen Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Er wird von Schrangl ganz grundsätzlich gefragt, wie der neue Bundesrevisionsverband zugelassen werden konnte – "insbesondere in Anbetracht der Vorgeschichte" ihres Gründers Michael Valentin. Der ist, wie berichtet, in die Causa "Schönes Wohnen" involviert, die weiterhin anhängig ist und in der es um negative Prüfberichte des GBV-Revisionsverbands und einen danach folgenden rechtlichen Schlagabtausch geht. Ob auch Valentin selbst "zweifelsfrei als geschäftlich zuverlässig" zu betrachten sei, will Schrangl ebenfalls wissen.

Streitfrage "Angehörige des Baugewerbes"

Ein weiterer Fragenkomplex dreht sich um mögliche Verflechtungen zweier maßgeblicher Personen des Bundesrevisionsverbands mit dem Baugewerbe. Die Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Christine Eder-Wildpaner, die als Revisionsvorständin des neuen Verbandes fungiert, und ihr Gatte Florian Eder, der als Oberrevisor angeführt wird, sind laut Firmenbuch wirtschaftliche Eigentümer einer Immobilien-OG (Offene Gesellschaft) mit Sitz in Wien. Für Schrangl rückt das beide "drastisch in die Nähe von Angehörigen des Baugewerbes", was gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) nicht erlaubt wäre. Allerdings zielt der entsprechende Paragraph 9 des WGG auf Bauträger ab, nicht auf Revisionsverbände. Für Schrangl ist das trotzdem eine offene Frage: "Schließlich würden in diesem Fall Angehörige des Baugewerbes gemeinnützige Bauvereinigungen dahingehend prüfen, inwieweit deren Organ- bzw. Eigentümerstruktur durch Angehörige des Baugewerbes geprägt ist", heißt es in seiner Anfrage an Kocher.

Valentin spricht diesbezüglich von "haarsträubenden Anfragen", die mit "Halbwahrheiten" gespickt seien. In Vertretung von Eder-Wildpaner, die Fragen des STANDARD nicht beantwortete, ließ er wissen, dass diese Immobilien-OG "keine gewerbliche Tätigkeit" ausübe, und auch sonst "keine in § 9 WGG genannte Tätigkeit". Nachsatz: "Weshalb in parlamentarischen Anfragen offensichtlich falsche Behauptungen aufgestellt und irreführend auf gesetzliche Bestimmungen gestützt werden, die im konkreten Fall keine Relevanz haben, erschließt sich uns nicht."

Schrangl ging zuletzt aber noch einen Schritt weiter und forderte per Entschließungsantrag in der jüngsten Sitzung des Nationalrats, dass das WGG geändert wird: Gemeinnützigen sollte es nicht möglich sein, den Revisionsverband zu wechseln, solange noch Verfahren bezüglich Mängeln in Prüfberichten laufen. Und auch bei einem erfolgten Wechsel sollte "der neue Revisionsverband erst nach zwei Wirtschaftsjahren seine Tätigkeit in Bezug auf die betreffende GBV entfalten". Also quasi eine "Cooling-Off-Phase".

Laut Valentin bereits fünf Mitglieder

Eine entsprechende Regelung würde es Valentin zweifellos erschweren, unter den gemeinnützigen Genossenschaften und Gesellschaften schon jetzt neue Mitglieder anzuwerben. Fünf mal sei ihm das bereits geglückt, sagt er zum STANDARD, ohne Namen zu nennen. Gewechselt dürften jedenfalls bereits die erwähnte "Schönes Wohnen" sowie die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Pielachtal sein; bei Letzterer ist das auch im Firmenbuch bereits ersichtlich. Eine weitere Genossenschaft, die "Aufbau", hat kürzlich ihre Satzung geändert. "Die Genossenschaft ist (…) Mitglied in einem Revisionsverband gem. § 5 WGG", heißt es dort jetzt. Zuvor wurde der GBV-Revisionverband dort namentlich genannt. Bekanntmachungen werden ab sofort im Amtsblatt veröffentlicht, anstatt in der Zeitschrift des GBV-Verbands.

Spannend ist das deshalb, weil es auch bei der "Aufbau" einen offenen Disput mit dem GBV-Revisionsverband gibt. In einem Prüfbericht über das Geschäftsjahr 2021, der dem STANDARD auszugsweise vorliegt, wird vom Revisor bemängelt, dass "der Bezug des Obmannes seit dem Jahr 2019 (...) nur unwesentlich unter der gesetzlichen absoluten Obergrenze (...) liegt und damit auf das vom Gesetz geforderte 'angemessene Verhältnis' des Bezuges zu den unternehmensbezogenen Kriterien 'finanzielle Leistungskraft und Umfang der Bau- und Verwaltungstätigkeit' bei der Festsetzung des Gehaltes nicht angemessen Bedacht genommen wurde". Mit anderen Worten: Das Gehalt des Obmanns wurde in Bezug zur Größe der Genossenschaft, die per Ende 2021 genau 668 Wohnungen verwaltete, als zu hoch erachtet. Ein Verfahren gemäß Paragraph 11 des Genossenschaftsrevisionsgesetzes ist anhängig.

Bei der "Aufbau" werden Fragen des STANDARD schriftlich beantwortet: Ja, ein Außerstreitverfahren sei anhängig, "aufgrund grundlegend unterschiedlicher Rechtsansichten". Man gehe davon aus, dass voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres eine Entscheidung dazu vorliegen werde. "Betreffend der Ihrerseits genannten Vorstandsbezüge ist festzuhalten, dass diese sowohl den gesetzlichen Bestimmungen des WGG samt GRVO [Gebarungsrichtlinienverordnung, Anm.] als auch dem Arbeitsrecht entsprechen." Die Nachfrage, ob man tatsächlich einen Wechsel zum "Bundesrevisionsverband" vorbereite, wurde nicht beantwortet. Im Firmenbuch wird noch der GBV-Revisionsverband als Kontrollorgan der "Aufbau" genannt.

Rechtliche Lücken offenbaren sich

Die Tatsache, dass es nun zwei Revisionsverbände für gemeinnützige Bauträger gibt, könnte sich aber bald auch im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz niederschlagen. Dort gäbe es wohl durchaus Handlungsbedarf.

In einem Beitrag in den aktuellen "Wohnrechtlichen Blättern" geht der Zivilrechtler Mathias Walch, Assistenz-Professor am Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck, auf die aktuelle Situation ein. Insbesondere zum Austritt einer Genossenschaft aus einem Revisionsverband gebe es keine Regelungen, weder im WGG noch in der Satzung des bisher einzigen Revisionsverbandes - was durchaus seine Logik habe, denn es gab bisher eben nur den einen, und jede gemeinnützige Wohnbaugesellschaft musste zwingend Mitglied in diesem einen Revisionsverband (der die Rechtsform eines Vereins hat) sein. Die Mitgliedschaft im GBV-Revisionsverband sei also bisher für Gemeinnützige "alternativlos" gewesen.

Das hat sich nun geändert, und das wirft Fragen auf: Gibt es beim Übertritt vom einen zum anderen Revisionsverband eine Kündigungsfrist abzuwarten? Wohl eher ja, meint der Experte, und führt eine halbjährige Frist als durchaus angemessen ins Treffen – abgeleitet aus dem Vereinsrecht. Kann eine gemeinnützige Bauvereinigung Mitglied in beiden Revisionsverbänden sein? In Deutschland wurde das 2017 explizit erlaubt. Doch welcher Verband führt dann die Prüfung durch? Grundsätzlich der, dem man als Erstes beigetreten ist, so lautet die Regelung in Deutschland. Sämtliche Beteiligte können sich dort aber auch darauf einigen, dass der andere Verband die Prüfung durchführt.

Für alle diese Fragen besteht laut Walch zwar kein "akuter" Regelungsbedarf, "dennoch wäre es zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber die Rechtslage bei nächster Gelegenheit (...) klarstellt", also beispielsweise im Zuge einer ohnehin geplanten Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. (Martin Putschögl, 21.12.2023)