Rückgabe Schiele Raubkunst
Das US-Urteil über das Aquarell könnte wegweisend sein: Egon Schieles "Russischer Kriegsgefangener", 1916.
Art Institute Chicago

Die Causa Fritz Grünbaum wird die Gerichte in New York auch im neuen Jahr beschäftigen. Wie berichtet, haben die Erben des österreichischen Kabarettisten und Kunstsammlers Ende 2022 mehrere Institutionen auf Rückgabe von Werken Egon Schieles geklagt. So auch das Art Institute of Chicago (AIC), das 1966 von einer US-amerikanischen Galerie die aquarellierte Zeichnung eines russischen Kriegsgefangenen (1916) erworben hatte, die einst Grünbaum gehörte.

Mitte September hatte die Staatsanwaltschaft Manhattan die Beschlagnahme dieses Werkes verfügt. Laut einem Bericht der Presse (Samstagsausgabe) sei es hier nun "zu einem wegweisenden Urteil" gekommen, demnach sei das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden und müsse die Zeichnung deshalb nicht restituiert werden.

Dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge geht es jedoch um eine vorläufige Stellungsnahme des Bundesgerichts vom 24. November, in der erörtert wurde, dass die Erben nach Grünbaum ihre Ansprüche nicht zeitgerecht geltend gemacht hätten. Eine endgültige Entscheidung darüber steht noch aus. Gesichert ist dagegen, dass die Erben nach Grünbaum in Berufung gehen würden, wie Herbert Gruber (Büro für Genealogie) als der Sprecher der Erben auf Anfrage bestätigt. So es nicht doch zu einem Vergleich mit dem AIC käme, dessen Rechtsvertreter erst knapp vor Weihnachten den Anwalt der Grünbaum-Erben kontaktiert habe, merkt Gruber an.

Unterschiedliche Rechtsansicht

Wie den Herkunftsangaben des Aquarells auf der AIC-Website zu entnehmen ist, gehörte es zu jenen Schiele-Werken, die von Fritz Grünbaums Schwägerin Mathilde Lukacs 1956 über Gutekunst & Klipstein (Bern) verkauft und in diesem Fall über Otto Kallirs Galerie St. Etienne in die USA importiert wurden.

In einem mehrjährigen Verfahren gegen einen Londoner Kunsthändler hatte ein US-Gericht 2018 dahingehend geurteilt, dass Fritz Grünbaum seine Vermögenswerte, noch vor seinem Tod in Dachau 1941, nicht freiwillig an seine 1942 ermordete Ehefrau übertragen habe. In Ermangelung eines rechtmäßigen Eigentumsübertrages seien die Kunstwerke folglich in der NS-Zeit entzogen worden. Eine Rechtsansicht, aus der die Erben ihre Ansprüche ableiten, auch auf Werke in den Beständen des Leopold Museums und der Albertina. Die Rückgabekommissionen sahen den NS-Entzug bekanntlich nicht gegeben, da die Sammlung im Verfügungsbereich der Familie geblieben sein muss. Die beiden Museen und die Republik wurden, wie berichtet, ebenfalls verklagt.

Allerdings wurde bislang noch nicht über die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte entschieden. Woran es hakt? Der Richter möchte das in einem Aufwasch behandeln, nur bekam die Albertina ihre Klage noch gar nicht zugestellt. (Olga Kronsteiner, 1.1.2024)