Kim Jong-un
Auf diesem Bild, das von der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA veröffentlicht wurde, ist Kim Jong-un bei der Volksversammlung in Pjöngjang am 15. Jänner zu sehen.
AP/KCNA via KNS

Seoul/Pjöngjang – Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un will die Bezeichnung Südkoreas als Feindstaat Nummer eins in der sozialistischen Verfassung seines Landes verankern. Kim betonte in einer Rede vor dem Parlament in Pjöngjang, dass eine Vereinigung mit dem Nachbarn nicht mehr möglich sei, wie die staatlichen Medien am Dienstag berichteten. In der Verfassung müssten Ausdrücke wie "Unabhängigkeit, friedliche Wiedervereinigung und große nationale Einheit" gestrichen werden, so Kim.

Die Situation auf der koreanischen Halbinsel ist vor dem Hintergrund des Konflikts um das Atomwaffenprogramm Nordkoreas so angespannt wie schon seit Jahren nicht mehr. Das Land unterliegt harten internationalen Sanktionen. Kim hatte Südkorea zuletzt schon bei Besuchen von Munitionsfabriken als Hauptfeind bezeichnet und eine Neuausrichtung der bisherigen Vereinigungspolitik angekündigt.

Südkorea zum "unverrückbaren Hauptfeind" erklärt

Bei der Parlamentssitzung warf Kim Südkorea erneut vor, den Sturz seiner Regierung herbeiführen zu wollen. "Wir wollen keinen Krieg, doch haben wir auch nicht die Absicht, ihn zu vermeiden." Per Verfassungsänderung müsse deutlich gemacht werden, dass allen Nordkoreanern die Idee anerzogen werden müsse, "dass Südkorea ihr erster Gegner und unverrückbarer Hauptfeind ist", wurde er zitiert.

Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete, beschloss das Parlament die Auflösung von Regierungsbehörden, die mit der Zusammenarbeit und Wiedervereinigung mit Nordkorea betraut sind. "Die Wiedervereinigung Koreas kann mit der Republik Korea niemals erreicht werden", hieß es in dem beschlossenen Text. Die Oberste Volksversammlung Nordkoreas wird im Ausland auch als Scheinparlament bezeichnet. Sie tritt in der Regel nur wenige Male im Jahr zusammen, um Beschlüsse der Staatsführung und der Arbeiterpartei zu billigen.

Scharfe Kritik aus Südkorea

Südkoreas Präsident kritisierte die scharfe Rhetorik des nordkoreanischen Machthabers. "Die Menschen in Nordkorea bilden mit uns ein Volk und sie haben die gleichen Rechte, um Frieden, Menschenrechte und Wohlstand zu genießen", sagte Yoon der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap zufolge bei einem Kabinettstreffen in Seoul.

In ihren jeweiligen Verfassungen reklamieren Süd- und Nordkorea die Souveränität über die gesamte Halbinsel. Bisher wurden die wenigen diplomatischen Beziehungen zwischen Seouls Vereinigungsministerium und Pjöngjangs Komitee für die friedliche Wiedervereinigung abgewickelt. Letzteres ist eine der Behörden, die nun abgeschafft werden soll. Die beiden Staaten befinden sich offiziell immer noch im Kriegszustand. Der Korea-Krieg (1950 bis 1953) endete mit einem Waffenstillstand, dessen Einhaltung von einer UN-Kommission überwacht wird. (APA, 16.1.2024)