Endlich, mag man denken, können Gemeinden leichter darüber entscheiden, Tempo 30 dort einzuführen, wo es sinnvoll ist. Oder auch: Warum hat das überhaupt so lange gedauert, dass Gemeinden Tempo 30 dort einführen dürfen, wo es sinnvoll ist? Denn eben, es geht nicht um Willkür. Die Einführung geht ja immer noch nur dort, wo man nachweisen kann, dass es die Situation erfordert, etwa vor Schulen oder Altersheimen.

Verkehrstafel für eine 30er-Zone.
Tempo 30 könnte ein erster Schritt sein, fürchten die Gegner der StVO-Novelle – und hoffen die Befürworter.
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Darum muss man sagen: Der Schritt geht noch nicht weit genug. Warum soll eine Gemeinde nicht frei darüber entscheiden dürfen, wie schnell gefahren werden darf? Allein mit einem sehr restriktiven Tempolimit könnten etwa Gemeinden, die stark unter Durchzugsverkehr leiden, die Situation deutlich verbessern und Ausweichrouten oder den Umstieg auf Öffis attraktivieren. Gerade jetzt könnte das klappen, weil die Gemeinden auch die Kontrollen wieder selbst durchführen dürfen. Denn bisher, wo kaum kontrolliert wurde, haben sich 72 Prozent der Pkw-Lenkenden eh nicht an die Limits in den 30er-Zonen gehalten, ergibt eine Messung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit.

Video: StVO-Reform: Tempo 30 für Gemeinden künftig leichter umsetzbar.
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FPÖ sieht Schikane und Abzocke

Während die einen froh sind, dass ein erster Schritt geschafft ist, fürchten andere, dass diese Novellierung der Straßenverkehrsordnung tatsächlich genau das ist. Als "Türöffner" bezeichnet sie FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker "in Richtung generelles Tempo 30 im Ortsgebiet und in weiterer Folge für Tempo 80 auf Freilandstraßen und Tempo 100 auf Autobahnen". Vor welchen Folgen sich Hafenecker fürchtet, lässt er offen. Bessere Luft, weniger Verkehr, Lärm und Unfallopfer werden es ja wohl hoffentlich nicht sein. Aber er spricht von "Schikanen und Abzocke". Zu Unrecht.

Auch wenn man anderes hört: Autos können sehr gut Tempo 30 fahren. Sie zerbröseln bei der Geschwindigkeit nicht, fallen ob des geringen Tempos nicht ohne Vorwarnung um, und sie haben auch keinen höheren Verbrauch als bei 50 km/h, wie manche behaupten. Zumindest dann nicht, wenn man es schafft, den richtigen Gang einzulegen, und nicht böswillig in der Ersten fährt. Sogar gegen die Abzocke gibt es einen Geheimtipp: Wer sich an das Tempolimit hält, braucht keine Strafe zu fürchten. Seltsam, dass ein Vertreter jener Partei, die doch sonst gern nach Recht und Ordnung schreit wie auch von der Einhaltung und gar Verschärfung der Gesetze spricht, da nicht selber draufgekommen zu sein scheint. (Guido Gluschitsch, 19.1.2024)