Forscherin, Labor
Insgesamt 102 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus ganz Europa wurde mit einem "Proof of Concept"-Grant ausgezeichnet.
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Fünf in Österreich tätige Forscherinnen und Forscher erhalten jeweils einen mit 150.000 Euro dotierten "Proof of Concept"-Förderpreis (PoC) des Europäischen Forschungsrats ERC. Damit soll das kommerzielle bzw. gesellschaftliche Potenzial von Projekten aus der Grundlagenforschung ausgelotet und deren Ergebnisse näher an den Markt gebracht werden. Die PoC-Förderung steht nur Forschern offen, die bereits zuvor in einer der hochdotierten Förderschienen des ERC erfolgreich waren.

Zu dieser Riege schließt nun auch der Mathematiker Máté Gerencsér von der Technischen Universität (TU) Wien. Er wird mit einem rund 1,5 Millionen Euro schweren "Starting Grant" bedacht. Damit unterstützt der ERC Forscher am Karrierebeginn. Gerencsér will mit der Förderung untersuchen, wie der Zufall, der bekanntlich in vielen natürlichen Abläufen eine nicht unerhebliche Rolle spielt, in Differenzialgleichungen eingebaut werden kann, teilte die TU Wien mit. Der Wissenschafter vom Institute of Analysis and Scientific Computing erhielt 2023 bereits einen "START-Preis" des Wissenschaftsfonds FWF.

Praxistaugliche Konzepte

Im Rahmen der dritten Tranche der aktuellen Antragsrunde bei den "Proof of Concept"-Grants wurden nun insgesamt 102 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus ganz Europa ausgewählt, wie der ERC am Donnerstag bekannt gab. Die Forschenden können mit der Förderung etwa die Praxistauglichkeit ihrer wissenschaftlichen Konzepte überprüfen, Geschäftsmöglichkeiten erkunden oder Patentanmeldungen vorbereiten.

Zwei dieser Förderpreise gehen an die Universität Innsbruck: Mit einem wird Martin Widschwendter vom Forschungsinstitut für Biomedizinische Alternsforschung der Uni Innsbruck bedacht. Der Onkologe arbeitet seit Jahren daran, neue Hinweisgeber (Biomarker) für Krebserkrankungen zu finden und Nachweisverfahren dafür zu entwickeln. Im Rahmen PoC-Projekts geht es darum, diese im Menstruationsblut zu erkennen.

KI-Forschung

Ebenso in Tirol tätig ist Cezary Kaliszyk vom Institut für Informatik der Uni Innsbruck. Hinter seinem Projekt mit dem Titel "Web3 Platform for Formal Mathematics" verbirgt sich die Idee, "einen zentralen Knotenpunkt für formale Mathematik im Web" zu etablieren, wie es seitens der Uni heißt. Auf der Plattform sollen formale mathematische Beweise u.a. unterstützt durch Künstliche Intelligenz (KI) durchgeführt werden können, die man etwa zum Überprüfen der Funktion von Programmen braucht.

Aus dem Umfeld der KI-Forschung kommt auch das Vorhaben von Dan Alistarh vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ). Es möchte eine der zentralen Grundlagen für KI, das Maschinelle Lernen, beschleunigen, wie das ISTA mitteilte. Das soll erreicht werden, "indem wir eine Softwarebibliothek aufbauen", die es Anwendern und Forschern ermöglicht, "große KI-Modelle effizient auf Standardcomputern zu trainieren." Das soll den Zugang zu KI-Methoden insgesamt erleichtern und damit zur "Demokratisierung" von KI beitragen.

Pilze für die Elektronik

2022 stellte ein Team um Martin Kaltenbrunner von der Abteilung Physik der Weichen Materie der Universität Linz im Fachmagazin "Science Advances" seinen Ansatz vor, die Haut des Glänzenden Lackporling (Ganoderma lucidum) als Trägersubstanz von Elektronik-Bauteilen zu nutzen. Im Rahmen der neuen ERC-Förderung soll dies nun weiterentwickelt werden. Die Nutzung von Pilzmyzel könnte in Zukunft Unmengen an Elektroschrott einsparen, glauben die Wissenschafter. "Dazu müssen wir ein Material finden, das sich leicht von der Industrie nutzen lässt", so Kaltenbrunner zum "MycoSub"-Projekt.

Zusätzlich zu den vier vom ERC in dieser Vergabetranche ausgewiesenen Förderungen mit Österreich-Bezug kommt auch Sandra Siegert vom ISTA in den Genuss eines PoC-Grants: Die Neurowissenschafterin rückt nach Angaben des ISTA und des Forschungsrates im Rahmen einer der vorigen Tranchen dieser Vergaberunde nachträglich in die Förderpreisträger-Riege auf. Siegert sucht nach Wegen, mittels Licht Verbesserungen bei Patienten, die an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden, anzustoßen. (APA, 18.1.2024)