Wie Menschen eingeschätzt werden, hängt oft von Kleinigkeiten ab. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Alfred Gusenbauer. In der breiten Öffentlichkeit war sein Ruf schon einmal besser. Aber Unternehmer, die laut "Kurier" mit ihm in acht Tagen vier südamerikanische Länder besuchten, staunten nicht schlecht über den damaligen Bundeskanzler. "Er hat uns alle durch sein blendendes Spanisch beeindruckt und ist bei Staatschefs wie Kirchner und Lula unglaublich souverän aufgetreten", erinnert sich ein heimischer Unternehmer. Ein Top-Manager beschreibt ihn aktuell so: "Gusenbauer ist eine smarte, professionelle One-Man-Show. Er ist kein Berater, der lange Präsentationen schnitzt und akribisch Modelle durchrechnet."

Mag sein, dass sich Gusenbauer in Benkos Schachtelimperium ein wenig verschnitzt hat, was ihm nun den Ruf eines Problem-Genossen einbrachte. Aber das konnte ihm nur in der SPÖ widerfahren. In der Volkspartei wäre er heute als leistungsbereite One-Man-Show geschätzt, risikobereit und daher zurecht millionenfach belohnt.

Alfred Gusenbauer.
Alfred Gusenbauer.
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Wer, wenn nicht er?

Ein anderes Beispiel für die Einschätzung von Menschen ist Reinhold Lopatka. In der "Presse" hieß es hochschätzend: Wer, wenn nicht er: Ein Solitär als Spitzenkandidat. In seiner Partei wurde er etwas niedriger eingeschätzt. Angesichts der Absagen von türkisen Regierungsmitgliedern und der eher farblosen bisherigen EU-Abgeordneten der ÖVP erinnerte man sich seiner, der einmal jemand war in der ÖVP. Da war förderlich: Lopatka hatte sich neu erfunden: als Außenpolitiker, ständig unterwegs auf allen Erdteilen, vor allem als Wahlbeobachter. Er setzte – über die türkisen Vorgaben hinaus – seine eigenen Akzente. Welche, ließ die "Presse" offen, aber für sie ist es eigentlich auch tröstlich, dass solche Leute in der Politik nicht einfach in der Versenkung verschwinden, sondern auch wieder auftauchen können, wenn Not am Mann ist. Um auftauchen zu können, muss ein Solitär aber erst versenkt worden sein.

Kickl als Austauschposten?

Und auch Herbert Kickl ist so ein Beispiel für wandelnde Einschätzung. Da hält sich einer taxfrei für einen Parteiführer und Volkskanzler a priori, und was muss er in der "Kronen Zeitung" lesen? FPÖ-Wähler würden Kickl für Regierung "opfern". Das ergab eine neueste OGM-Umfrage im Auftrag für das Nachrichtenmagazin "Blickwechsel" bei Servus TV. Na servus! Da rackert man sich bis an die Grenzen des Wiederbetätigungsparagrafen ab, um die Leute zu bewegen, einen zum Kanzler zu machen, und dann stellt sich heraus, man ist gar nicht das Hauptmotiv, warum die FPÖ-Wähler ihr Kreuzerl bei den Blauen machen. Das sind die Migranten. Man ist nicht einmal der Solitär, sondern auch für die Anhänger, die man ins Bierzelt rief, nur ein Austauschposten.

Schwarzenegger und die Uhr

In übelster Weise fehleingeschätzt wurde der Arnie der Nation, als er eine Luxus-Uhr für seine Charity in Kitzbühel aus München nach Tirol einführen wollte. Bei der Zollkontrolle, so empörte sich "Heute", entdeckten die Beamten die wertvolle Uhr und schätzten ihn offenbar als Schmuggler ein. Laut Zoll hätte der "Terminator" sie deklarieren müssen. Über drei Stunden musste Schwarzenegger am Flughafen ausharren. Und nicht nur das. Die Beamten schikanierten ihn mit persönlichen Fragen und nervten damit den Ex-Gouverneur von Kalifornien. Dann brummten sie ihm eine Strafe von 35.000 Euro auf, die Arnie nach einigen Problemen mit der Kreditkarte problemlos beglich. Als die Prozedur zu Ende war, zündete Arnie sich eine Zigarre an und erkannte stinksauer: "Das ist das Problem, an dem Deutschland krankt. Man sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr." Endlich einmal ein Mann, der wirklich die Eignung zum Volkskanzler hätte!

Mölzer und die Demokratie

Als wäre Andreas Mölzer in Premstätten dabei gewesen, kam er in der aktuellen "Zur Zeit" auf die Demokratie als Illusion zu sprechen. In erster Linie ist es wohl die Manipulation der Wähler durch die jeweiligen Wahlwerber, wie (vermutlich soll es hier die heißen) die demokratische Willensbildung im negativen Sinne beeinflusst. Außerdem stellt Wahlwerbung in den meisten Fällen auch den Appell an die niedrigen Instinkte der Wählerschaft, an Neid und Missgunst dar. Wahlkämpfe sind somit also auch Zeiten bewusster und breitflächig eingesetzter Lügen. Und vor allem wird dabei die Diffamierung des jeweiligen politischen Mitbewerbers exzessiv wahrgenommen.

Noch nie hat jemand diese Diffamierung politischer Mitbewerber so exzessiv betrieben wie Kickl in Premstätten. Aber keine Angst, Mölzer könnte ihn fehleinschätzen. Er weiß schon, was ihn mit dem blauen Herkules verbindet. (Günter Traxler, 20.1.2024)